KÄMPFER MIT SCHACHKULTUR

Heute wimmelt es nur so von neuen Großmeistern und Wunderkindern. Zwischen Turnierberichten und aktuellen Partien bleibt in vielen Magazinen wenig Platz, sich mit einem Spieler näher zu beschäftigen: Karl nimmt sich Platz, den oft steinigen Weg zur Meisterschaft, die Meilensteine aber auch Rückschläge einer Karriere aus der Sicht es Spielers nachzuzeichnen. Den Anfang macht Alexandser Graf, seit Juni 200 in Deutschland, nunmehr Nationalspieler und WM-Qualifikant.

Von Alexander Graf

(Der Text ist nur auszugsweise wiedergegeben.
Den ganzen Text lesen Sie in Karl 3/01.)

Alexander Graf

Meinen Stil in Worte zu fassen, fällt mir schwer. Zumal er sich im Lauf der Jahre gewandelt hat. Zu Beginn meiner Karriere habe ich nur taktisch gespielt. Das entsprach meinem Naturell. Es muss 1984 gewesen sein, als Alexei Suetin, der Trainer des Vereins, dem ich in meiner Moskauer Zeit angehörte, zu mir sagte: „Du spielst wie Petrosjan.“ Aber Suetin hat die Wahrheit schnell erkannt. Drei Monate später schrieb er in einer Schachzeitschrift, ich sei ein „hoffnungsloser Abenteurer.“ Es gibt eine lustige Geschichte über zwei Begegnungen mit dem Ukrainer Alexander Husman. Sie beginnt 1982 in Leningrad:

HUSMAN – GRAF

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 b6 4.a3 La6 5.Dc2 Lb7 6.Sc3 c5 7.d5?!
Damals war dieser Zug eine Neuerung.
7…exd5 8.cxd5 Sxd5 9.Lg5 f6
Später entdeckte man andere gute Möglichkeiten für Schwarz, zum Beispiel 9…Le7 10.De4 Sxc3 11.Dxb7 Sc6! 12.Lxe7 Kxe7 13.bxc3 Tb8 14.Da6 b5 mit Vorteil für Schwarz.
10.Sxd5 Lxd5 11.0-0-0 Le6 12.Lf4 Sc6 13.e3 c4?
Ich fühlte, dass die weiße Idee nicht ganz korrekt ist, aber mein erster Widerlegungsversuch geht schief.
14.Lxc4 Sb4 15.axb4 Lxc4 16.De4+ Le7

17.Txd7!
Dies war keine Überraschung für mich. Übersehen hatte ich etwas Anderes.
17…Dxd7 18.Dxa8+ Kf7 19.Dxh8 Lf8 20.Dxh7 Ld3 21.Dh5+ Lg6

22.Se5+!!
Nämlich diesen Zug. Jetzt wusste ich, dass die Partie verloren ist.
22…fxe5 23.Dxe5 Dd3 24.Dc3 De4
Das hilft leider auch nicht.
25.f3 Db1+ 26.Kd2 Dxh1
Ich kenne in der Schachgeschichte keine andere Partie, in der sämtliche Türme geopfert werden.
27.Dc4+ Kf6 28.Dc6+ Kf7 29.Dd5+ Ke8 30.De6+ Kd8 31.Dxg6
Alles ist forciert.
31…Lxb4+ 32.Kc2 De1 33.Dd3+ Kc8 34.Lg3 Da1 35.Df5+ Kd8 36.Dd5+ Kc8 37.Dc6+ Kd8 38.Lh4+ 1-0

Eine schöne Partie. Aber die Geschichte hatte eine Fortsetzung. Drei Monate später trafen wir in Moskau erneut aufeinander. Diese zweite Partie ist ziemlich unbekannt, man findet sie in keiner Datenbank. Die ersten 13 Züge waren die gleichen, dann wich ich ab:

HUSMAN – GRAF

13…Sa5
Ein neuer Versuch, auf den ich am Brett gekommen bin.
14.Ld3 Lb3 15.Db1?!
So kann man nicht Schach spielen, dachte ich. Aber die Dinge sind nicht so einfach, und ich investierte 40 Minuten meiner Bedenkzeit, um den richtigen Weg zu finden.
15…d5!!
Schwarz braucht ein sicheres Versteck für seinen König, und der beste Platz für ihn ist das Feld c6!
16.Lxh7 Ld6 17.Sg5
Der Verlustzug. 17.Dg6+ Kf8 18.Sg5 d4 bringt auch nichts für Weiß. Richtig ist 17.Lxd6 Dxd6 18.Lc2, doch das starke Zentrum sichert Schwarz Vorteil.
17…Lxf4 18.Se6 Lxe3+ 19.fxe3 De7 20.Df5 Txh7!
Dieses Mal kam nur ich dazu, meine Türme zu opfern.
21.Dxh7 Dxe6 22.Dh8+ Kf7 23.Dxa8 De4 0-1

Aufgezeichnet von Johannes Fischer

(Der Text ist nur auszugsweise wiedergegeben.
Den ganzen Text lesen Sie in Karl 3/01.)