CCI-TREFFEN IN STRÖBECK
Als sich die Chess Collectors International im Oktober in Halberstadt/Ströbeck zu ihrem Jahrestreffen zusammenfanden, konnten sie nicht ahnen, dass sie zu den letzten Besuchern des Schachmuseums gehörten, das am 14. November niederbrannte.
TEXT UND BILD: HARRY SCHAACK
Die deutschen Schachsammler der Chess Collectors International treffen sich einmal im Jahr, diesen Oktober in Halberstadt und Ströbeck. Das Treffen geriet diesmal auch zu einer Hommage an den 2017 verstorbenen Kunstprofessor und Schachkulturhistoriker Hans Holländer. Dessen Lieblingsfigur war der Elefant, der ihn sein ganzes Leben lang in der Kunst wie im Schach begleitete.
In Halberstadt im Schraube-Museum gab es deshalb eine Ausstellung, die sich ausschließlich mit der Schachfigur des Elefanten beschäftigte. Dazu ist ein schöner Ausstellungskatalog unter dem Titel Der Elefant auf dem Schachbrett entstanden, in dem Barbara Holländer mehrere Manuskripte und Beiträge ihres Mannes zu einem längeren Aufsatz zusammengefasst hat. Dieser Text dokumentiert die Entwicklungsgeschichte der Elefanten-Figur, die mal als König, Läufer, Springer oder Turm ihre Funktion erfüllte.
Im Rahmen der CCI-Treffen steht immer auch eine Vortragsreihe auf dem Programm. Diesmal ging es um die Geschichte des Kurierschachs, das auf 12 x 8 Feldern gespielt wird und mit dem Schleich, dem Currier und dem Freudensprung einige Besonderheiten aufweist und noch heute in Ströbeck gespielt wird; die Bergkristall-Schachfigur im Dom zu Halberstadt, ein Kristallstein, der der Legende nach aus dem Besitz Karl des Großen stammen soll, was die Referentin aber mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen konnte.
Die handwerklichen Fertigungsmethoden bei Spielfiguren aus Knochen, die auch die Gestaltung mitbestimmen; die Schachtradition im Solowezki-Kloster, das als erstes russisches Arbeitslager zum Prototyp des Gulagsystems wurde; die Ikonografie des Schachspiels in Zeichnungen und Gemälden; die Ursprünge des Schachelefanten in Indien. Zwischenzeitlich führten einige CCI-Mitglieder ein humorvolles Bühnenstück auf, dass szenisch nachstellte, wie das Schach nach Ströbeck kam.
Zum Rahmenprogramm gehörte auch die Toninstallation „As slow as possible“ von John Cage (der mit Marcel Duchamp mehre schachliche Tonobjekte produziert hat), die in der Halberstädter Burchardikirche bis 2640 ununterbrochen aufgeführt wird.
Das CCI-Treffen wurde von der Leiterin des Ströbecker Schachmuseums Kathrin Baltzer mitorganisiert. Das kleine Dorf Ströbeck ist ein Ortsteil Halberstadts und durch die einzigartige Schachtradition, die von der deutschen Unesco-Kommission 2016 als immaterielles Kulturerbe Deutschlands anerkannt wurde, weltweit bekannt. Neben dem Turm des Gunzelin, der der Legende nach als Gefangener das Schach vor 1000 Jahren nach Ströbeck gebracht hat, über die Schule, in der bis heute Schach zum Pflichtfach gehört, bis zu den etlichen Ornamenten und Skulpturen an zahlreichen Häusern befindet sich der größte Schatz des Dorfes im Schachmuseum, wo unter den vielen Exponaten der Sammlung das Brett des Großen Kurfürsten von Brandenburg das wertvollste ist.
Ein Schock traf alle Schachliebhaber, als eineinhalb Monate nach dem CCI-Treffen, am 14. November, Ströbecks Schachmuseum abbrannte. Die Feuerwehr war schnell vor Ort, sodass viele unersetzliche Exponate gerettet werden konnten, andere sind dagegen unwiederbringlich verloren. Allerdings sind viele Gegenstände durch das Löschwasser beschädigt. Das ganze Ausmaß des Schadens wird allerdings erst in einigen Wochen bestimmt werden können. Dachreparaturen sollen für den Brand verantwortlich gewesen sein. Mittlerweile hat die Stadt ein Spendenkonto eingerichtet.