DER UNVERSTELLTE BLICK

David DeLucia besitzt die vielleicht schönste Schachsammlung der Welt. Wenigen ist es bislang vergönnt gewesen, die erlesenen Kostbarkeiten mit eigenen Augen zu sehen. Doch während der WM in New York gestattete der Multimillionär aus Connecticut KARL eine Führung durch ein sehr privates Reich, in dem Vergangenes wieder zum Leben erwacht.

Von Harry Schaack

(Der Artikel ist auszugsweise wiedergegeben.
Den ganzen Beitrag lesen Sie in KARL 4/16.)

David DeLucia in seinem Sammlerraum
(Foto: Harry Schaack)

Es hat im Laufe der letzten 200 Jahre einige Schachsammlungen gegeben, die weitaus größer waren, als die von David DeLucia. Wenn man nur über Bücher redet, waren die Sammlungen von John Griswold White, J. W. Rimington-Wilson, Meindert Niemeijer und Lothar Schmid umfangreicher. Betrachtet man allerdings nicht die Quantität sondern die Qualität der einzelnen Objekte, ist der Abstand zu DeLucias Kollektion schon deutlich geringer. Doch was die Sammlung des Amerikaners auszeichnet und in dieser Hinsicht alle anderen übertrifft, sind die Manuskripte, die Autographen, die Memorabilien und die von DeLucia so bezeichneten Ephemera wie Briefe, Partieformulare, Postkarten und Ähnliches.

Die wertvollsten Stücke sind im ersten Stock versammelt, den man über eine kleine Holztreppe erreicht. Bislang haben außer DeLucias Familie nicht mehr als ein Dutzend Menschen diese außergewöhnliche Kollektion zu Gesicht bekommen. Jeder Besucher erkennt sofort an der Sorgfalt, mit der die Dinge wie in einem Museum ausgestellt sind, dass DeLucia liebt, was er hat.

Aus den ehemals zwei Zimmern ließ DeLucia eine Wand entfernen. Nun ist ein L-förmiger Saal entstanden, der eine Größe von etwa 90 m² hat. Eine Klimaanlage regelt Temperatur und Feuchtigkeitsgehalt der Luft, ein ausgeklügeltes Lichtkonzept sorgt für eine warme Atmosphäre. Im vorderen Bereich sind mehrere Tische mit Schachbrettern aufgebaut, einige davon gehörten Bobby Fischer. Die Wände sind in dunklem Holz gefasst, in die Regale und Wandschränke eingelassen sind. In Schaukästen sind Exponate auf eine besondere Weise arrangiert. Jede einzelne Komposition erzählt eine kleine Geschichte, stellt Querverbindungen her, Assoziationen, die sich nicht immer unmittelbar dem fremden Betrachter, wohl aber dem Besitzer erschließen. Manchen Exponaten sind kleine Zettel mit Erklärungen und Anmerkungen beigelegt, viele Bücher sind in Plastikfolien eingeschweißt. Zwischen den Schachobjekten finden sich private Dinge: die Schuhe von DeLucias Tochter, eine Puppe seiner Schwester, ein Angelmesser seines Vaters. Dieser Ort ist ein sehr privater Bereich, ein Rückzugsgebiet, ein Platz der inneren Einkehr.

(Foto: Harry Schaack)


So wie DeLucia mit den Objekten seiner engsten Angehörigen Erinnerungen verbindet, verhält es sich auch mit seiner Sammlung. Die Freude, die er daran hat, hängt nicht mit der Sammlung an sich zusammen, sondern mit bestimmten Dingen, mit denen Reminiszenzen verbunden sind. Die durch die Gegenstände evozierten Gefühle sind der eigentliche Antrieb für seine Sammlertätigkeit. „Ich habe einige sehr teure Bücher, die mir kaum etwas bedeuten“, betont er, „weil sie nicht mit einer Geschichte verknüpft sind und bei mir keine Emotionen auslösen.“ DeLucia reizen vor allem die Dinge, in denen sich Spuren der Lebendigkeit finden. Wenn er in seinem Kabinett sitzt, erwachen in seiner Phantasie nicht nur seine Angehörigen,
sondern auch die Größen der Schachwelt wieder zum Leben.

Seine Sammlung ist letztlich das Resultat vieler Erinnerungen, die sich in den einzelnen Objekten manifestieren. Und irgendwie kommt einem Citizen Kanes letztes Wort auf die Lippen: Rosebud …

(Der Artikel ist auszugsweise wiedergegeben.
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