Harry Schaack Editorial 2

EDITORIAL

LIEBE LESER,

74 Jahre mussten die deutschen Schachfans warten, bis sie endlich wieder einem WM-Match im eigenen Land beiwohnen konnten. Im Oktober dieses Jahres öffnete die Bundeskunsthalle in Bonn ihre Türen für das Zweikampf-Spektakel zwischen Weltmeister Vishy Anand und Herausforderer Wladimir Kramnik. Ebendort wo Kramnik zur Generalprobe 2006 gegen Deep Fritz unterlag, wollte er nun seinen Titel zurück erobern. Er wurde aber überrascht von einem glänzend aufspielenden Anand, der das Match innerhalb von nur sechs Partien praktisch für sich entschied.

Aus diesem aktuellen Anlass haben wir unserer Reportage und den ausführlichen Analysen der Großmeister Gerald Hertneck, Daniel King und Karsten Müller viel Platz eingeräumt – und mussten auf die sonst üblichen Kolumnen von Strouhal / Ehn und Hesse verzichten.

Mit Vishy Anand ergab sich wenige Tage nach dem Match die Gelegenheit zu einem längeren Interview, bei dem der Weltmeister tiefe Einblicke in seine Vorbereitung gibt und die Partien aus seiner Sicht Revue passieren lässt.

Die Bonner Weltmeisterschaft war eine gute Gelegenheit für KARL, auf andere Wettkämpfe in Deutschland zurückzublicken. Friedrich-Karl Hebeker gibt einen stimmungsvollen Bericht über das Ringen der beiden stärksten deutschen Schachspieler Anfang des 20. Jahrhunderts. Lasker und Tarrasch maßen ihre Kräfte 1908 in Düsseldorf und München unter großer Anteilnahme der Schachfans. Der Autor wirft auch einen Blick auf die organisatorischen Aspekte. Ein Match zu dieser Zeit zu veranstalten, war nicht einfach.

Das war selbst 1929 noch so, als Efim Bogoljubow Weltmeister Aljechin forderte. Peter Anderberg konnte durch weitgehend unbekanntes Material aus dem Nachlass Bogoljubows, das freundlicherweise der holländische Sammler Jurgen Stigter zur Verfügung stellte, sehr viele neue Informationen in seinen Beitrag einarbeiten. Trotz der deutlichen Niederlage im ersten Match gelang es Bogoljubow 1934 noch einmal, einen Revanchekampf zu organisieren, den er aber ebenfalls chancenlos verlor.

In unserem Porträt berichtet ChessBase-Mitarbeiter André Schulz, wie er zur größten deutschen Schachsoftwarefirma kam, wie sich seine tägliche Arbeit an der erfolgreichsten deutschsprachigen Internetseite im Schachbereich gestaltet und was es für Ärgernisse zu bewältigen gilt.

Kurz vor Weihnachten gibt es wieder zahlreiche Rezensionen, die unseren KARL-Lesern den Kauf eines passenden Buchgeschenkes erleichtern sollten.

Bleibt schließlich noch, allen ein frohes Fest und eine gutes neues Jahr zu wünschen.

Harry Schaack