GREETINGS FROM HASTINGS

Innenansichten eines Organisators

Von Stewart Reuben

Stewart Reuben
(Foto: Harry Schaack)

Der 81. Hastings International Chess Congress fand vom 28. Dezember 2005 bis zum 7. Januar 2006 in England statt. Es ist das traditionsreichste Schachturnier der Welt. Die laufende Serie gibt es bereits seit 1920/21. Sie wurde lediglich durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen, obgleich 1939/40 das Turnier stattfand, bei dem mit einer Ausnahme alle Teilnehmer am Premier aus Großbritannien kamen. Es siegte Frank Parr, der in Uniform spielte – andere nach ihm ebenso. Die Serie wurde 1945-46 wieder aufgenommen und hatte gleich eine außerordentlich internationale Teilnehmerschaft.

Aber im eigentlichen Sinne begann das Turnier schon viel früher: 1895 mit dem wahrscheinlich bestbesetzten Turnier des 19. Jahrhunderts. 1995 feierten wir den hundertsten Jahrestag. David Bronstein sagte einmal: „Der Schachkongress von Hastings ist genauso Teil des britischen Erbes wie der Buckingham Palace oder die St Pauls Kathedrale.“ Wie kam das alles zustande? Die Antwort hängt mit einer Person zusammen, Herbert Dobell, der 1895 im Alter von 23 die Organisation des ersten Turniers zu Hasting übernahm. Er war der erste Schatzmeister des Britischen Schachverbandes und ich muss nicht erwähnen, wo der erste Kongress des Verbandes stattfand. Er inspirierte den Hastings Chess Club, sich eigene Räumlichkeiten zu kaufen (der einzige andere Club des Landes, der im Besitz eines Spiellokals ist, ist der Edinburgh Chess Club).

Es gab einige Jahre, in denen der Schachkongress von Hastings der einzige im Turnierkalender des Weltschachs war. Berühmte Spieler zu finden, die nicht in Hastings teilnahmen, ist deutlich schwieriger als umgekehrt. Von den bekannten Spielern der letzten Jahrzehnte fehlten nur Bobby Fischer und Garri Kasparow.

Von Zeit zu Zeit war es ein Kampf, das Turnier fortzusetzen. Vor einigen Monaten fragte mich Charles Clarke, Innenminister und vierter Mann unserer Regierung: „Was braucht Hastings?“ Die Antwort war einfach: „Geld!“

Hastings Turnierlogo

Der Stadtrat hat das Turnier immer großzügig unterstützt, doch was es wirklich braucht, ist ein Sponsor aus der Wirtschaft. Die Zeit der Patrone ist in Großbritanien lange vorbei und es gibt kaum noch großzügige Spenden. Die Veranstaltung ist im letzten und dieses Jahr lediglich wegen eines Vermächtnisses zustande gekommen. Der Großteil dieses Geldes stammt von Frank Parr, der seinerzeit das Premier 1939-40 gewann. Es ist seltsam, dass es so schwierig ist, einen Partner für das Turnier zu finden. Ein Sponsor würde für sein Engagement damit gut belohnt werden, dass sein Name mit diesem renommierten und bekannten Event in Verbindung gebracht wird.

Für das Jahr 2004/05 entschieden wir uns für einen ungewöhnlichen Schritt, da das Geld nicht ausreichte, um damit ein Premier-Rundenturnier zu finanzieren und gleichzeitig ein Challenge im Schweizer System mit vernünftigen Preisgeldern auszustatten. Wir versuchten einen radikalen neuen Ansatz und nannten es „Hastings System“. Das Turnier wurde als Ko-System gespielt, wobei die eliminierten Spieler in einem Challenge Turnier mit Schweizer System weiterspielten. Wir entschieden, die Veranstaltung als Premier zu bezeichnen, wenn nur noch acht Spieler im Rennen sind. Bis auf eine ähnliche Veranstaltung, die unabhängig in Deutschland stattfand, war das Turnier kein kommerzieller Erfolg, da nur 84 Spieler teilnahmen.

Deshalb haben wir für 2005/06 die Regularien wieder geändert und das unvermeidliche akzeptiert. Das Top-Turnier nennt sich nun das Hastings Masters und wird in einem 10-rundigen Schweizer System ausgetragen. Trotz des Geldmangels kamen wieder etliche Großmeister und Internationale Meister. Der Vorjahressieger und Elofavorit Wladimir Below (Elo 2620), wurde diesmal nur geteilter Fünfter. Alleiniger Sieger wurde Newerow vor Colin, Ehrenburg und Gugananschwili. Bemerkenswert war die GM-Norm des erst 12jährigen Parimarjan Negi aus Indien, der damit seinen IM-Titel erhielt.

Das Turnier wurde mit dem sehr zivilisierten Zeitmodus von 40 Zügen in 80 Minuten gespielt. Der Rest musste dann in 20 Minuten gespielt werden. Außerdem erhielt jeder Spieler eine Zugabe von einer Minute pro Zug mit Beginn der Partie. Mit 10 Runden war das Turnier bestens für den Erwerb einer Titelnorm geeignet.

Erstmals kam der „Monroi Personal Chess Manager“ in einem Open zum Einsatz. Die Spieler zeichneten Ihre Züge auf einem Recorder auf, der nicht größer als ein Mobil-Telefon ist. Die Züge wurden an einen Computer übermittelt und danach direkt ins Internet weitergeleitet. Diese neue Methode ist von der FIDE anerkannt worden. Es ist die allermodernste Technik, die mit dem traditionellsten Turnier der Welt zusammentrifft – zum Nutzen aller.

Wie immer gab es etliche Turniere für Spieler aller Klassen und Stärken, fünf Tage andauernd, morgens, nachmittags oder beides. Der Kongress endete mit einem Wochenend-Turnier im Schweizer System-Modus.

Wenn Sie noch nie in Hastings gewesen sind, sollten Sie einmal ausprobieren, Silvester im home of chess zu feiern. Die Deutschen Spieler haben die Geschichte Hastings mit geprägt. Unzicker gewann das Premier 1950/51 und Uhlmann 1958/59. Vielleicht können Sie nächstes Jahr in ihre Fußstapfen treten…

Für weitere Infos: Turnierseite; conpowr@aol.com.

Aus dem Englischen übersetzt von Harry Schaack