Harry Schaack

EDITORIAL

LIEBE LESER,

mit dem großen Turnier 1895 begann vor 100 Jahren im englischen Badeort Hastings eine Tradition, die sich bis heute erhalten hat. Seit 1919 findet das Turnier, von einer kleinen Unterbrechung während des Zweiten Weltkrieges abgesehen, kontinuierlich bis heute statt. Es ist das traditionsreichste Schachturnier der Welt.

Vor allem aus finanziellen Gründen kann es im Moment nicht mehr an vergangene Tage anknüpfen und das Meisterturnier zieren nicht mehr die illustren Namen der Spitzenspieler, die Jahrzehnte in Hastings ein- und ausgingen. Indes hat sich die Veranstaltung ihren Charme bis heute bewahrt. Das mag an der Beschaulichkeit des malerischen Ortes liegen, der für die englische Geschichte von großer Bedeutung ist. Am 14.10.1066 besiegte hier Herzog Wilhelm den angelsächsischen König Harold II und begründete damit die Normannenherrschaft in England. Die Turnierteilnehmer, von denen nicht wenige Stammgäste sind, werden sich jedoch eher an die allabendlichen Nebenveranstaltungen erinnern, die in den ansässigen Pubs stattfinden. Hier kann sich der kundige Schachfreund im Schachquiz mit anderen messen. Oder im Teamschach, wobei die gemeinsame Spielstärke beider nicht über einem gewissen Eloschnitt liegen darf. Oder an das originelle Blitzturnier, bei dem der erste Verlierer jeder Runde laut angesagt wird und fast jeder Teilnehmer einen Preis unter absurden Begründungen erhält. Dass die kleine Stadt am Golfstrom auch heute eine Reise wert ist, weiß der Organisator des Events, Stewart Reuben am besten. In seinen „Grüßen aus Hastings“ blickt er auf die ruhmreichen Tage zurück, erzählt von den Veränderungen und der ständigen Geldnot der Organisatoren.

Das Besondere Hastings-Flair war wohl schon bei der Eröffnungsveranstaltung 1895 zu spüren. Ungezählte Reporter belagerten die Kleinstadt und berichteten wochenlang in alle Welt über eines der bedeutendsten Turniere des 19. Jahrhunderts. Harald Ballo spürt einem Stück Schachgeschichte nach, das zum Mythos geworden ist.

Traditionen bringen Geschichten und Personen hervor. Von einigen berichtet Jürgen Brustkern, der Hastings seit fast drei Jahrzehnten ununterbrochen treu geblieben ist. Ihm gilt auch der Dank für Bildmaterial.

Im Porträt spricht Stefan Kindermann über seine Karriere, die sich nicht nur aufs Schachspielen beschränkt. Auch als Autor und Trainer war er tätig und jetzt hat er mit einigen anderen eine Schachakademie in München eröffnet.

Michael Ehn und Ernst Strouhal folgen den Spuren Phil Marlowes und seines Schöpfers Raymond Chandlers, indem sie in die Fußstapfen des Detektivs treten.

Schließlich noch eine Anmerkung in eigener Sache: Das Inlands-Jahresabonnement wird ab der kommenden Ausgabe 20,- Euro kosten. Bedauerlicherweise lässt sich unser über Jahre durchgehaltener großzügiger Abonnenten-Rabatt (immerhin 5,- Euro im Vergleich zum Handelspreis) finanziell nicht mehr tragen. Aber auch nach der Preiserhöhung spart der Abonnent noch 2,- Euro. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Harry Schaack