KOMPLETTES ERÖFFNUNGSSET

Für den Turnierspieler sind die ChessBase- Produkte längst zu einem stetigen Begleiter geworden. Partiearchivierung, Eröffnungsvorbereitungen, Analysen – kein Bereich, der nicht durch ein Programm des Hamburger Softwareunternehmens bewältigt wird. Drei der neuesten Produkte ergänzen sich sehr gut.

Von Harry Schaack

CB 10 Cover

ChessBase 10,
DVD,
Startpaket 154,90 Euro,
Megapaket 359,90 Euro

Corr Database 2009 Cover

Corr Database 2009,
670.000 correspondence games,
DVD,
79,90 Euro

Rybka 3 Cover

Deep Rybka 3,
DVD,
49,99 Euro,
(Multiprozessor Version 99,90 Euro)

(Die Belegexemplare wurden  freundlicherweise von der Firma Niggemann zur Verfügung gestellt.)

Mit ChessBase 10 ist das älteste und namensgebende Produkt der Firma in eine neue Runde gegangen. Die zehnte Version gibt es als Start- und als Megapaket, wobei letztere noch die Fernschachdatenbank, den Fritz-Endspielturbo und die Mega- (statt der Big-)Database mit analysierten Partien beinhaltet.

ChessBase hat sich durchgesetzt, weil es ausgezeichnete Such- und Sortierfunktionen bietet, die sehr schnell Informationen zu einem potentiellen Gegner zusammenstellen, Analysen strukturieren oder das Anlegen eigener Datenbanken erlaubt. Es ist seit Jahren die Standard-Datenbank und das mächtigste Werkzeug für den Turnierspieler. Version 10 hat etliche Verbesserungen zu bieten, die den Umgang mit den Informationen erleichtern, vor allem sind die Suchfunktionen deutlich schneller geworden. Revolutionäre Neuerungen gibt es aber nicht, dafür war CB 9 schon zu ausgereift. Angenehm sind aber neue Service-Leistungen wie die Aktualisierung der Referenzdatenbank, die man mit dem Kauf von CB10 erhält. Auch der direkte Zugriff auf Updates der Internetseite TWIC, die wöchentlich die neuesten Partien zur Verfügung stellt, ermöglicht ein bequemes Arbeiten mit aktuellen Daten.

Um sich rasch ein Bild über den Partieverlauf zu machen, ist die visuelle Funktion „Überblick“ hilfreich, mit der direkt aus der Datenbank die Partiephasen in mehreren Diagrammen angezeigt werden. Die neu konzipierte „Referenz“-Funktion im Brettfenster, die zur Stellung einer nachgespielten Partie eine Liste von Partien generiert, ist deutlich besser und schneller geworden. Zudem gibt es in dieser Ansicht ein neues Fenster, „Clustering“ genannt, das die kritischen Varianten in einer Übersicht anzeigt. Ferner ist auch die Funktion „Top-Partien“ nützlich, die es ermöglicht, in der Referenzdatenbank nur die hochwertigen Partien bei Suchanfragen zu berücksichtigen, was einen lästigen Aussiebungsprozess erspart. Eine überfällige Neuerung ist, dass nun auch Chess960-Partien wiedergegeben werden können, was bislang nur in Fritz 11 fehlerfrei möglich war.

Bei der Herausgabe des Produkts lief noch nicht alles ganz rund, aber einige „Macken“ sind mittlerweile durch ein Upgrade beseitigt.

Die Programmierer versuchen immer mehr Online-Funktionen direkt mit ChessBase 10 zu vernetzen. Das bietet auch Vorteile für Fernschachspieler, die sich direkt mit der Turnierseite ICCF verbinden können. Die Abwicklung von Fernpartien geschieht nun größtenteils über CB 10.

Apropos Fernschach: Für die Eröffnungsanalyse sind nicht nur die von CB 10 gebotenen Ordnungsfunktionen wichtig, sondern auch gute Partien. Mit der Fernschach-Datenbank Corr Database 2009 kann nun der ehrgeizige Spieler sein Repertoire erheblich verbessern. 670.000 Partien, teils auf höchstem Niveau, nähern sich der Perfektion – mehr als es ein Computer kann. Der Fernschachspieler versucht gerade die Mängel im Stellungsverständnis der Engines zu überwinden.

Erstaunlich sind die Statistiken, die diese Datenbank liefert. Manche Eröffnungen sind in der Weltspitze im Fernschach fast verschwunden. Französisch ist unter Spielern über 2600 Elo kaum noch Diskussionsgegenstand – wenn man das schlechte Ergebnis von Schwarz ansieht, weiß man auch warum. Diese Fakten sollten einen zumindest nachdenklich stimmen. Die Partien der Fernschachspieler werden
übrigens zu Unrecht oft vernachlässigt, vermutlich weil sie nicht Teil der herkömmlichen Datenbanken sind. Züge, die in einer Turnierpartie als Neuerungen ausgegeben werden, sind teils schon längst im Fernschach erprobt worden. Ein prominentes Beispiel ist Topalows spektakuläres Springeropfer gegen Kramnik in Wijk ann Zee 2008, ein Zug, der der FAZ ein Diagramm auf der Titelseite wert war. Mit Verwunderung findet man in der Corr Database 2009 gleich zwei Vorgängerpartien, die übrigens beide Remis endeten.

Die Fernschachdatenbank ist ein wichtiges Tool für den ambitionierten Turnierspieler, das einen nicht unbedeutenden Wissensvorsprung bei der Partie- oder Eröffnungsvorbereitung bedeuten kann.

Zur Perfektion fehlt dem Turnierschachspieler nun nur noch ein leistungsfähiges Analyseprogramm. In den letzten Jahren machte eines der Zugpferde von ChessBase, Fritz, etwas schlapp. Die Engine musste sich – wie alle anderen auch – hinsichtlich der Spielstärke dem Newcomer Rybka geschlagen geben. Die neuste Version Rybka 3 gibt es nun in drei verschiedenen Lieferumfängen, entweder nur als Engine, oder mit der neuen eigenen Benutzeroberfläche (GUI) „Aquarium“, oder zusammen mit der bedienungsfreundlichen Fritz-GUI. Vermutlich war die gute Vertriebsstruktur von ChessBase ausschlaggebend für dieses überraschende Joint Venture. Mit Rybka kann man nun auch den Spieleserver von ChessBase (schach.de) für ein Jahr benutzen. Im Paket ist eine Datenbank mit einer Millionen Partien enthalten. Nur das Buch von Jeroen Noomen, das auf Rybka abgestimmt ist, muss man extra kaufen für 24,99 Euro.

Schon die zweite Version des Programms von Vasik Rajlich führte alle Computerweltranglisten an. Rybka 3 soll noch einmal um etwa 80 Elopunkte besser sein, was auf diesem Niveau eine enorme Leistungssteigerung bedeutet. Ihre (ja, Rybka ist weiblich!) Elo soll nun über 3000 betragen. So genau lässt sich das wegen der Hardwareabhängigkeit nicht feststellen. Aber im „Maschinenraum“ von schach.de, wo man Computerprogramme gegeneinander spielen lassen kann, hat Rybka 3 mittlerweile alle anderen Programme von den vorderen Plätzen verdrängt.

Die neue Version hat laut Angaben des Entwicklers Larry Kaufman ein deutlich verbessertes Verständnis von Bauernstrukturen und von Königssicherheit. Eines der Geheimnisse der Spielstärke der neuen Version ist die „Monte-Carlo-Analyse“, die Stellungen durch tausende zufälliger Züge besser bewerten hilft. Wichtig ist auch das „Persistant Hash“, das es Rybka ermöglicht, Zwischenergebnisse der Analyse auch nach dem Abschalten zu speichern. Für den Anwender gibt es zahlreiche aufschlussreiche Neuerungen wie z.B. das „Sampled Search“, mit dem detaillierte Infos zu den Suchkriterien des Programms angezeigt werden. Nun lassen sich neben der „normalen“ Version mit Rybka Dynamic und Rybka Human drei unterschiedliche, aber etwa gleichstarke Spielstile einstellen. Welches man auch bevorzugt: Rybka ist auf jeden Fall das beste Schachprogramm, das es im Moment gibt.