VERÄNDERUNG

Der Präsident des Berliner Schachverbandes Dr. Matthias Kribben fungiert seit Mai als 1. Vizepräsident im Deutschen Schachbund, wo er mit Robert von Weizsäcker die Zukunft des deutschen Schachs entwerfen will. Im Interview mit KARL stellt er seine Visionen dar.

Matthias Kribben
Dr. Matthias Kribben beim Simultan gegen Wassili Iwantschuk bei den Mainzer Chess Classic 2007 (Bild: Harry Schaack)

KARL: Seit dem letzten Kongress bilden Sie mit Robert von Weizsäcker die Doppelspitze des Deutschen Schachbundes. Wie ist die Arbeitsteilung?
DR. MATTHIAS KRIBBEN: Robert von Weizsäcker wird vor allem das internationale Geschäft bewältigen, die Kontakte mit der FIDE und der ECU pflegen, und sich um Schul-, Jugend- und Kinderschach kümmern. Meine Aufgabenfelder als sein Stellvertreter sind die Schacholympiade, Öffentlichkeitsarbeit, Finanzen, die Geschäftsstelle und die Bundesliga.

KARL: Wo sehen Sie die größten Probleme im DSB?
DR. MATTHIAS KRIBBEN: Die Darstellung des Schachs muss sich verbessern. Wir müssen Schach als Sport, Kunst und Wissenschaft, kurz als Kulturgut mehr in den Fokus stellen. Über die Schule wollen wir mehr Nachwuchs heranführen und in Zukunft auch versuchen, Schach in den Sportgymnasien zu etablieren.

KARL: In den letzten Jahren hatte man den Eindruck, dass beim DSB ganz unterschiedliche Kräfte wirken, was eine einheitliche Zielsetzung verhinderte und viele Prozesse blockierte. Man konnte den Dissens kürzlich auch beim Kongress in Bad Wiessee erkennen, als sich der Bayerische Landesverband zunächst ablehnend über von Weizsäckers Kandidatur äußerte.
DR. MATTHIAS KRIBBEN: Ich habe aber das Gefühl, dass wir insgesamt, trotz der vorhandenen Zieldivergenzen und Mentalitätsunterschiede sehr gut zusammenarbeiten können. Es geht nicht um persönliche Wünsche und Eitelkeiten, sondern es geht um die Zukunft des Schachs in Deutschland.

KARL: Was sollte sich im DSB strukturell ändern?
DR. MATTHIAS KRIBBEN: Es gibt in einigen Bereichen Reibungsverluste. Wir müssen unbedingt die Kommunikation verbessern, die nicht einheitlich ist, weil je nach Vorliebe Email, Telefon, Schriftverkehr oder persönliche Gespräche bevorzugt werden. Die Aufgabenbereiche in der Geschäftsstelle sollten deutlicher abgegrenzt werden. Die Geschäftsstelle ist Dienstleister der Schachvereine und kein Selbstzweck und entsprechend muss noch stärker service-orientiert gearbeitet werden. Insgesamt ist die Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Hauptberuflern und Ehrenamtlichen eine große Herausforderung, die sich aber bewältigen lässt, denn letztlich arbeiten wir alle für das Schach.

KARL: Wie ist die momentane finanzielle Situation des DSB?
DR. MATTHIAS KRIBBEN: Finanziell ist der DSB gut aufgestellt, sonst hätten von Weizsäcker und ich das Amt nicht übernommen. Frühere Probleme sind Dank des Schatzmeisters Michael Langer, der genau auf die Einhaltung der Budgets der einzelnen Ressorts achtet, behoben worden. Natürlich geht ein Großteil der Kosten an hauptamtliche Mitarbeiter. Die interne Verwaltung ist stark ausgeprägt, aber mir scheint, dass der Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, speziell die Printmedien, etwas zu kurz kommen. Da müssen wir über Umstrukturierungen nachdenken.

KARL: Auf der DSB-Homepage gibt es seit einiger Zeit einen Online-Schachshop, der mittlerweile ins Gerede gekommen ist. Ist es nicht unstatthaft, dass der DSB als Konkurrenz zu den Händlern auftritt?
DR. MATTHIAS KRIBBEN: Unstatthaft ist in diesem Zusammenhang ein zu weitgehender Begriff. In vielen Ländern ist es durchaus üblich, dass die Grundausstattung der Vereine kostengünstig vom Landesverband geleistet wird. Doch mir persönlich behagt nicht, dass wir als Verband in den Wettbewerb eingreifen. Das Geld, das wir einnehmen, steht in keinem Verhältnis zu der negativen Außenwirkung. Dadurch, dass mit einem schlanken Sortiment günstige Einkaufspreise erzielt werden, entsteht bei den Kunden der Verdacht, von den traditionellen Händlern ausgebeutet zu werden. Nach meiner Meinung ist das ein nicht akzeptabler Eingriff in den Wettbewerb. Die vertraglichen Bindungen für den Online-Shop laufen bis Ende 2008 und es ist folglich zu prüfen, ob eine Verlängerung bis in das Jahr 2009 hinein sinnvoll ist.

KARL: Wie bewältigen Sie die Doppel belastung, die durch ihre Funktion im Berliner Landesverband und im DSB entsteht?
DR. MATTHIAS KRIBBEN: Im Berliner Schachverband habe ich ein sehr gutes Team und ein gut funktionierendes Büro. Die gesamte Abwicklung ist durch Einsatz neuer Medien und Technologien sehr viel einfacher geworden. Zudem überschneiden sich einige repräsentative Aufgaben, die ich in Funktion beider Verbände ausübe. Vorteilhaft ist natürlich die Tatsache, dass ich nur wenige Kilometer von der DSB-Geschäftsstelle in Berlin entfernt wohne, so dass ich regelmäßig dort sein kann. Dank der kurzen Wege treffe ich mich wöchentlich mit Geschäftsführer und Sportdirektor Horst Metzing, um die aktuellen Projekte und Vorgänge zu besprechen.

KARL: Welche Rolle spielt das Fernschach für Sie? In der aktuellen Weltrangliste liegen Sie auf Platz 76.
DR. MATTHIAS KRIBBEN: Meine Fernschach-Karriere bringt mir einen spannenden Ausgleich zur Funktionärs-Tätigkeit und steht in der Tat vor einem Höhepunkt. Unser Olympia-Team, in dem ich u.a. mit Robert von Weizsäcker und dem Ex-Weltmeister Fritz Baumbach spiele, steht unmittelbar vor dem Gewinn der Goldmedaille. Im Fernschach wird die Olympiade zugleich als Mannschafts-Weltmeisterschaft gewertet, und wenn man solch einen großen Erfolg vor Augen hat, dann hat sich die jahrelange Mühe natürlich gelohnt. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass sich auf lange Sicht auch die täglichen Mühen als Stellvertretender DSB-Präsident lohnen.

KARL: Vielen Dank für das Gespräch

Das Interview führte Harry Schaack