DIE BUNDESLIGAPRÄSENTATION IM INTERNET

Ein Interview mit Axel Fritz

Axel Fritz

Sie sind als Webmaster bei schach.com u.a. für Live-Internetübertragungen der Bundesligapartien zuständig. Darauf hat man ja große Hoffnungen gesetzt, um ein breites Publikum anzusprechen. Wie ist im Moment der Stand der Dinge?
Wenn überhaupt können sich nur die großen Mannschaften Live-Übertragungen leisten. Letzte Saison haben wir Porz-Lübeck übertragen und Lübeck übertrug über Galaxy ihre Heimkämpfe. Man braucht 16 DGT-Bretter und spezielle Software, um die Daten zu übertragen. Da die DGT-Bretter anfällig sind, gibt es leicht Probleme: Schon bei einem nicht richtig gesetzten Stein, ist die Software schnell verloren. Wenn man da nicht schnell manuell eingreift, wird die Partie falsch übertragen. Dazu braucht es eine gewisse Schulung, Erfahrung und Routine. Ein paar Vereine haben es an wenigen Brettern mit Live-Übertragungen probiert und hatten genau an diesen Punkten Probleme. Der Empfänger hat es leicht: er braucht nur einen einfachen Browser.

Wie teuer ist es denn, wenn man die Ausrüstung zur Übertragung der Kämpfe an einem Spielort auftreiben möchte?
Recht teuer. Man braucht 16 Bretter á 250-300 Euro, falls gewünscht 16 Spezial-Uhren und 3 normale Rechner, zwei PCs davon benötigen eine Sonderausrüstung, die 300-400 Euro kostet. Hinzu kommt die Schulung für den Bediener. Macht etwa 6000-7000 Euro.

Winfried M. Klimek, der Vorstandvorsitzende der galaxis technology ag, dem Lübecker Sponsor, hat in einem Interview mit der Zeitschrift Schach einmal gesagt, dass „bei attraktiven Spielern und attraktiver Technik nach und nach“ bis zu „vierhunderttausend Zuschauer“ die Liveübertragung verfolgen werden. Ist das realistisch?
Vielleicht später, bislang nicht. Ohnehin muss man zwischen Zugriffen und Besuchern unterscheiden. Bei den Live-Übertragungen werden die PGN-Dateien ständig aktualisiert. Da ist man ganz schnell bei beeindruckenden Zugriffsraten, während die Besucherzahl sehr viel niedriger ist. Wir hatten bei den Live-Übertragungen zwischen 7.000-8.000 Zuschauern am Wochenende. Trotz des Problems, dass viele potenzielle Zuschauer selber spielen müssen. Wenn wir es schaffen, die „Streetplayer“ anzusprechen, die Schach spielen, aber nicht in Vereinen organisiert sind, gibt es sicher noch große Potenziale.

Gibt es Möglichkeiten, die Live-Übertragungen besser zu vermarkten?
Man muss mehr tun, als die reinen Züge übermitteln. Die Partien müssen erklärt werden, die hochkomplizierten GM-Gedanken müssen runtergebrochen werden, damit der Hobbyspieler und Streetplayer mitdenken kann und angesprochen wird. Machbar sind auch gesprochene Kommentare per Audiostream, wir hatten in der letzten Saison einen ersten Test, aber das ist teuer. Man braucht zusätzlich zu den ein, zwei „üblichen“ Technikern etwa zwei bis drei Kommentatoren und etwa zwei Personen Backstage, die die Spieler ansprechen und vorbereiten. Dann kann man auch die ersten Analysen schon während der Partie und Spielerinterviews per Mikrofon sofort nach der Partie übertragen. Wir müssen die Spieler und ihre Gedanken sehr viel mehr in den Mittelpunkt rücken. Das ist wichtiger als die reinen Züge. Wir müssen sie als Menschen präsentieren und ihre Partien auch für Hobbyspieler kommentieren. Damit fesseln wir irgendwann auch die Streetplayer. Dann erst wird es für die Sponsoren interessant und damit die Veranstaltungen letztlich vermarktungsfähig. Der Weg dahin ist lang und kostet viel Geld, das vermutlich keiner hat.

Macht es Sinn, für Internetübertragungen von Partien Geld zu verlangen?
Ich glaube, das ist der falsche Weg. Wir brauchen bedeutend mehr Zuschauer. Die müssen aus Neugierde „kurz mal auf dem Sprung“ bei uns reinschnuppern. Dafür zahlt man keinen Euro.

Kann das Internet denn helfen, die Bundesliga für ein breites Publikum attraktiv zu machen?
Auf jeden Fall. Schließlich ist die Bundesliga eine attraktive Veranstaltung. Wann haben wir schon einmal so viele Spitzenspieler in Deutschland? Die Bundesliga ist eine der wenigen Veranstaltungen, bei der die internationale Weltklasse in Deutschland die ganze Saison über präsent ist. In diesem Wettbewerb stehen die nationalen Spieler und profitieren sowohl von den sportlichen Herausforderungen als auch vom Rampenlicht der Bühne. Mit dem Internet haben wir das Werkzeug, die Bühne in das Wohnzimmer der Hobbyspieler zu verlegen und ihn so erst unseren Sport nahe zu bringen. Auch allen, die an den langen Bundesligawochenenden nur wenig Zeit haben oder für die der nächste Spielort zu weit weg ist. Aber wir verführen die neuen Zuschauern nur auf Dauer, wenn wir es schaffen zu unterhalten. Die Leute müssen animiert werden. Dann erst verkaufen wir die Faszination am Schach. Einige Defizite im Bundesligaspielbetrieb bleiben: Ein Problem ist die Terminplanung. Die Kämpfe müssen in regelmäßigen Abständen stattfinden. Eine Pause von zwei Monaten mitten in der Saison darf es nicht geben. Terminkollisionen mit internationalen Spitzenevents und damit der Verzicht auf Spitzenspieler sind ein zweiter Punkt. Das ist für ein breites Publikum nicht nachzuvollziehen.

Das Interview führte Johannes Fischer