Fragebogen an die Verantwortlichen der BL-Vereine
Bernd Vökler
(Erfurter SK)
Sie sind…
Technischer Leiter (Spielbetriebszuständiger), Mannschaftsleiter und Spieler der 1. Mannschaft
Freuen Sie sich auf die kommende Saison?
Ja.
Woher kommt die Motivation für Ihr Engagement?
Einer muss es ja machen!
Was macht die BL für Sie attraktiv?
Es ist ein Mannschaftswettbewerb, der einzigartig ist. Man kann an einem Wochenende fast die gesamte Weltspitze sehen. Natürlich ist es auch für mich als Spieler interessant.
Welche Außenwirkung hat die BL, wie wird Sie von Ausland wahrgenommen?
Kann ich nicht einschätzen.
Wie wichtig ist die BL für das deutsche Schach?
Sehr wichtig. Ich glaube, bei den meisten deutschen Schachspieler findet die BL eine große Akzeptanz, aber die Möglichkeiten, die mit ihr verbunden sind, werden nicht wirklich von den Spielern genutzt. Bei uns hat beispielsweise niemand angefragt, ob er bei uns spielen könne.
Konservativ gerechnet braucht jede Bundesligamannschaft im Schnitt pro Saison einen Etat von ca. 50.000 EUR. Das macht bei 16 Mannschaften einen Gesamtaufwand von ca. 800.000 EUR. Ist sie diese Summe wert? Welche Rolle spielen die Fixkosten, die bei etwa 35 % liegen?
Naja, jeder Verein finanziert eben das, was er für richtig hält. Aber Spitzensport hat nun mal seinen Preis, und daher denke ich, ist die BL das Geld wert.
Die Fixkosten sind schon ein Problem – gerade für die kleineren Vereine. Wir haben glücklicherweise einen schachenthusiastischen Sponsor, der uns auch weitere Sponsoren vermittelt hat.
Die einteilige deutsche Bundesliga hat seit ihrer Gründung das gleiche Format: 16 Mannschaften spielen jeder-gegen-jeder, der erste gewinnt, die letzten vier steigen ab. Organisiert wird die BL vom DSB, das notwendige Geld geben Sponsoren oder die Vereine, die auch für die Vermarktung und Präsentation der Liga zuständig sind. Zeit für einen Wechsel der Organisationsform?
Es sollten auf keinen Fall Playoffs gespielt werden, weil das nur die Topvereine begünstigt. Eine zentrale Endrunde könnte ich mir dagegen vorstellen. Es ist allerdings schwer, für diesen Vorschlag einen Konsens unter den Vereinen zu finden, da einige Vertreter ihre Heimspiele nicht abgeben wollen. Das Bremer Modell mit 12 Mannschaften, Hin- und Rückspiel, halte ich für „schwachsinnig“. Schach ist eben kein Fußball und wird es auch nicht werden.
Bei der neuen Organisationsform, die in die BL Einzug gefunden hat, gibt es ebenfalls das grundlegende Problem, dass sich schwer Konsens herstellen lässt. Es wäre manchmal besser, wenn einfach einer entscheiden würde.
Was sind Ihre Zukunftsvisionen für die BL?
Ich finde den status quo weitgehend in Ordnung.
Häufig hört man, dass zu viele Ausländer in der BL spielen. Dadurch ginge die Bindung der Durchschnittsspieler an die Vereine verloren und zudem würde der Nachwuchs der Chance beraubt, sich in der BL zu profilieren. Das deutsche Schach profitiere immer weniger von der BL. Besteht die Notwendigkeit, die Ausländerregelung in der BL zu ändern?
Ich denke zwar, dass die Ausländerreglung vor allem die Westvereine begünstigt, aber das wird sich auch geben. Eine Änderung halte ich nicht für nötig.
Sollten feste Jugendbretter für jedes Team vorgesehen werden und was halten Sie von der neu eingeführten Möglichkeit, Jugendbretter zu melden?
Die Einführung der Jugendbretter ist sehr gut. Wir haben ja Elisabeth Pähtz dort gemeldet. Objektiv gesehen sind die gemeldeten Spieler von Brett 1 – 8 einfach stärker als sie. Nach der jetzigen Reglung kann sie höchstens an Brett 7 eingesetzt werden (falls beide Jugendbretter zu Einsatz kommen). Ich fände es besser, wenn zur normalen Aufstellung zusätzlich zwei Jugendliche gemeldet werden können, die dann aber auch überall einsetzbar sind.
Ein festes Jugendbrett sollte nicht eingeführt werden. Wenn die Jugendlichen gut genug sind, werden sie automatisch in einer Mannschaft aufgestellt.
Nach welchen Gesichtspunkten wählen Sie die Spieler Ihre Mannschaft aus? Spielt Teamgeist in der BL eine Rolle?
Sie müssen natürlich eine bestimmte Spielstärke mitbringen, am besten in Erfurt oder Umgebung wohnen, und OK sein. Meist kommen neue Spieler über persönliche Kontakte zu unseren Spielern. Der Charakter ist für uns wichtig.
Teamgeist wird in der BL immer noch unterschätzt, wenngleich man 100 Elo-Punkte damit nicht wettmachen kann.
Oft werden die geringen Zuschauerzahlen und die mangelnde Medienpräsenz der BL beklagt. Die BL betreibe zu wenig Marketing. Hätten Sie Vorschläge zur Verbesserung der Präsentation der BL?
Nein. Die einzelnen Vereine könnten vielleicht noch etwas mehr tun. Wir verfügen sicherlich über eines der schönsten Spiellokale. Unsere Pressearbeit ist ganz gut. Auf den überregionalen und regionalen Seiten erscheinen Artikel und Vorankündigungen mit Fotos. Aber mehr als 100 Zuschauer haben wir nicht.
Bei unserem ersten Heimspiel haben wir darüber nachgedacht, den Kampf als „Event“ zu präsentieren, also mit Rahmenveranstaltung. Mal sehen, ob da was wird.
Wilfried Klimek, der Geschäftsführer der Galaxy AG, dem Sponsor von Lübeck, traut der BL mit einer ansprechenden Technik und dem entsprechenden Marketing via Internet pro Kampf Zuschauerzahlen von 400.000 zu. Wie sehen Sie das?
Ich bin skeptisch. Ich denke, das Internet ist schon ein Auslaufmodell. Auch glaube ich nicht, dass sich das Fernsehen als Medium für Schach eignet.
In letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die BL werde zunehmend seelenlos, die Bindung der Fans und Spieler an die Vereine gehe verloren. Wie sehen Sie das?
Bei uns sind teilweise 6 BL-Spieler am Vereinsabend zugegen. Ich glaube, das findet man nur selten. Teilweise geben sie auch Training. Innerhalb des Vereins wird die Erste daher auch durchweg akzeptiert.
Ihr schönstes BL-Erlebnis?
Unser Heimspiel gegen Porz. Timman hatte gegen unseren GM Enders verloren, woraufhin er nicht in Hilgerts Privatjet mit zurückfliegen durfte. Waganjan musste seine Partie Remis geben, sonst hätte ihn das gleiche Schicksal ereilt.
Und das „schlimmste“?
Unsere Auswärtsspiele in Bochum, als die noch in der Liga waren. Die spielten in einer Gesamtschule. Das war ziemlich „abgerissen“.
Die drei herausragendsten BL-Spieler?
Waganjan ist beeindruckend, weil er eine so beständige Leistung bringt. Außerdem ist er ein verschmitzter Mensch. Ich würde sogar sagen, es ist angenehm, gegen ihn zu verlieren.
Schirow, weil sein Spiel so inspirierend war, als er Anfang der Neunziger beim HSK spielte.
Thomas Casper aus Erfurt, weil er einer der meistunterschätzten BL-Spieler ist. Er versteht sehr viel vom Schach, obwohl er nichts dafür tut.
Und noch ein Tipp für die kommende Saison: Wer gewinnt dieses Jahr?
Ich wünsche es Porz.
Und wer steigt ab?
Forchheim, Godesberg, Plauen und Emsdetten.
Was sind Ihre eigenen Ziele und Erwartungen?
Klassenerhalt; mindestens Platz 12.