Fragebogen an die Verantwortlichen der BL-Vereine

Herbert Scheidt
(Solinger SG)

Logo der Schachbundesliga

Sie sind…
Seit 30 Jahren Teamchef und Hauptsponsor

Freuen Sie sich auf die kommende Saison?
Ja. Wir wollen diesmal mit jungen Spielern den vorderen Klubs Paroli bieten. Es ging auch nicht anders, da ein Sponsor abgesprungen ist. Zudem ist die Bezahlung ausgeufert. Lübeck bietet horrende Summen und kauft den anderen die Spieler weg.

Woher kommt die Motivation für Ihr Engagement?
Ich bin in den 70ern selber mal Deutscher Meister mit der Mannschaft geworden. Die 70er Jahre haben geprägt. Aber bei Solingen hängt alles an mir, doch der Verein unterstützt mich. Früher war das nicht ganz so der Fall.

Was macht die BL für Sie attraktiv?
Die guten Spieler. Für mein eigenes Engagement sage ich mir: Wenn ich mich da einbringe, dann in der ersten Liga, mit einem Team, mit dem ich vorne mitspielen kann.

Welche Außenwirkung hat die BL, wie wird Sie vom Ausland wahrgenommen?
Sie wird stark wahrgenommen, vor allem wegen der Verdienstmöglichkeiten. Da aber viele Spieler in mehreren Ligen spielen, sehe ich keinen Sinn mehr darin, beim Europapokal mitzuspielen. Es ist auch einfach zu teuer.

Wie wichtig ist die BL für das deutsche Schach?
Bedeutend wichtiger, als es die Funktionäre einschätzen.

Konservativ gerechnet braucht jede Bundesligamannschaft im Schnitt pro Saison einen Etat von ca. 50.000 EUR. Das macht bei 16 Mannschaften einen Gesamtaufwand von ca. 800.000 EUR. Ist sie diese Summe wert? Welche Rolle spielen die Fixkosten, die bei etwa 35 % liegen?
Sie ist es Wert. Was die Fixkosten anbetrifft, so denke ich, das für die untere Hälfte der Vereine die Kosten so hoch sind, wie die Bezahlung an die Spieler.
In den Siebzigern war die Resonanz größer, weil mehr Deutsche Spieler dabei waren.

Die einteilige deutsche Bundesliga hat seit ihrer Gründung das gleiche Format: 16 Mannschaften spielen jeder-gegen-jeder, der erste gewinnt, die letzten vier steigen ab. Organisiert wird die BL vom DSB, das notwendige Geld geben Sponsoren oder die Vereine, die auch für die Vermarktung und Präsentation der Liga zuständig sind. Zeit für einen Wechsel der Organisationsform?
Man bekommt die Vereine nicht unter einen Hut. Das liegt an der Zusammensetzung aus Profi-, Semiprofi- und Amateurclubs. Die Differenz wird immer größer.
Als Organisation sollte die Bundesliga unter dem Dach des DSB bleiben. Der DSB ist für die Jugendarbeit unabdingbar.
Ein 12er-Modell mit Hin- und Rückspiel ist kostenmäßig unmöglich umzusetzen.

Was sind Ihre Zukunftsvisionen für die BL?
Eine gemeinsame Einigung zwischen den Vereinen. Der Zuspruch der BL in der Öffentlichkeit muss größer werden. Werbung muss effektiver werden, denn nur, wenn das Produkt BL in der Öffentlichkeit gut lanciert ist, finden sich Sponsoren. Das Internet ist das Vehikel dazu.

Häufig hört man, dass zu viele Ausländer in der BL spielen. Dadurch ginge die Bindung der Durchschnittsspieler an die Vereine verloren und zudem würde der Nachwuchs der Chance beraubt, sich in der BL zu profilieren. Das deutsche Schach profitiere immer weniger von der BL. Besteht die Notwendigkeit, die Ausländerregelung in der BL zu ändern?
Für mich gibt es keinen Unterschied zw. deutschen und z. B. holländischen Spielern. Aber es sollte ein Anteil an Deutschen Spielern festgelegt werden.

Sollten feste Jugendbretter für jedes Team vorgesehen werden und was halten Sie von der neu eingeführten Möglichkeit, Jugendbretter zu melden?
Das Gastspielermodell ist zwar ganz interessant, aber um es flächendecken einzusetzen, müsste der DSB flexibler mit den Einsatzreglungen sein.
Pflichtbretter sind schlecht, da junge Spieler gleich Topgehälter von den vorderen Vereinen bekämen. Zudem würden sie von ihren Heimatvereinen, die die ganze Arbeit gemacht haben, weggezogen.

Nach welchen Gesichtspunkten wählen Sie die Spieler Ihre Mannschaft aus? Spielt Teamgeist in der BL eine Rolle?
Die Spieler müssen charakterlich zum Team passen. Solingen ist bekannt für die Harmonie im Team. Spielstärke ist nicht entscheidend. Nach dem Spiel gehen alle zusammen weg.
Bei der Entscheidung für Neueinkäufe gibt es ein 4er-Kremium in unserem Verein. Außerdem befrage ich die Spieler. Letztlich fälle aber ich die Entscheidung.

Oft werden die geringen Zuschauerzahlen und die mangelnde Medienpräsenz der BL beklagt. Die BL betreibe zu wenig Marketing. Hätten Sie Vorschläge zur Verbesserung der Präsentation der BL?
Die Eigenpräsentation der Vereine bei Heimspielen ist für den Sponsor enorm wichtig. Außerdem eine gute Presse. Die Solinger sind in dieser Hinsicht natürlich verwöhnt, da wir fast immer um den Titel mitspielten. Daher kamen auch viele.

Wilfried Klimek, der Geschäftsführer der Galaxy AG, dem Sponsor von Lübeck, traut der BL mit einer ansprechenden Technik und dem entsprechenden Marketing via Internet pro Kampf Zuschauerzahlen von 400.000 zu. Wie sehen Sie das?
Ja, das müsste möglich sein.

In letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die BL werde zunehmend seelenlos, die Bindung der Fans und Spieler an die Vereine gehe verloren. Wie sehen Sie das?
Es gibt nur wenige Vereine, bei denen die Spieler der Ersten auch am Vereinsabend teilnehmen. In Solingen wurde die Distanz zur Ersten größer. Andererseits unterstützt eine erfolgreiche 1. Mannschaft auch die Jugendarbeit im Verein.
Bei Heimspielen nehmen fast alle Spieler unserer Mannschaft am Vereinsblitzturnier teil, das dann stärker besetzt ist als manche Deutsche Meisterschaft. Das hat dann wieder eine positive Rückwirkung auf die Akzeptanz im Verein.

Ihr schönstes BL-Erlebnis?
1987, als ich völlig auf mich allein gestellt war und trotzdem DM geworden bin. Alle Spieler, auch Spasski, haben an einem Strick gezogen, obwohl die Finanzierung knapp war und es manchmal zu Zahlungsverzögerungen kam.

Und das „schlimmste“?
Wenn ich Fehlverpflichtungen getätigt habe.

Die drei herausragendsten BL-Spieler?
Spasski, weil er der BL viel gegeben hat. Es war die erste Saison mit einem ehemaligen WM. Er zog massenhaft Zuschauer an. Außerdem war er menschlich eine ausnehmend nette Erscheinung.
Hübner, weil man solange, bis die Ausländerreglung aufgehoben wurde, nur mit ihm Meister werden konnte.
Kramnik, weil er ebenfalls menschlich sehr korrekt auftrat.

Und noch ein Tipp für die kommende Saison: Wer gewinnt dieses Jahr?
Lübeck, weil dieser Verein finanziell so aggressiv vorgeht, wie noch nie ein Verein zuvor.

Und wer steigt ab?
Forchheim, Godesberg. Bei den anderen beiden Plätzen kann es viele treffen.

Was sind Ihre eigenen Ziele und Erwartungen?
Platz 4-6