Fragebogen an die Verantwortlichen der BL-Vereine
Wilfried Hilgert
(SG Porz)
Sie sind…
Hauptsponsor; ansonsten habe ich keine Funktion innerhalb des Vereins.
Freuen Sie sich auf die kommende Saison?
Ja. Durch die zunehmende Konkurrenz wird vieles einfacher. Früher hing die Meisterschaft an einem oder zwei Kämpfen. Jetzt muss man gegen viele Teams aufpassen, kann aber auch eine Schlappe besser wettmachen.
Woher kommt die Motivation für Ihr Engagement?
Ich habe mit 5 Jahren Schach erlernt, dann in der ersten Mannschaft gespielt, später weiter unten, immer für Porz. Ich bin mit dem Verein verbunden. Viele munkeln ja, dass das Sponsoring nur an mir hängt, aber das stimmt nicht. Ich habe das bereits mit meinen Kindern abgesprochen, die das dann weiterführen werden.
Was macht die BL für Sie attraktiv?
Im Moment ist das schwierig zu sagen, da es zu sehr vom Funktionärstum geprägt ist. Sehen Sie unsere Situation: Ich musste noch einen Spieler verpflichten, da man den Termin im Januar wieder auf das Wochenende gelegt hat, wo Wijk aan Zee ist. Da spielen viele meiner holländischen Spieler mit. Wenn einer krank wird, können wir an diesem Wochenende nur zu siebt antreten. Das führt einfach zu Verzerrungen. Zudem haben wir nur ein Heimspiel, müssen aber weite Fahrten machen. Da wird viel gemauschelt.
Welche Außenwirkung hat die BL, wie wird Sie vom Ausland wahrgenommen?
Es wird auf jeden Fall wahrgenommen. Selbst die Russen sind beeindruckt.
Wie wichtig ist die BL für das deutsche Schach?
Ohne BL wäre das deutsche Schach nichts. Der DSB ist ja von sich aus weitgehend untätig. Die meisten Gelder gehen für die Funktionäre drauf.
Leider wird die Jugendarbeit in den meisten Vereinen vernachlässigt. Ich habe schon vor Jahrzehnten gefordert, dass jeder BL-Verein gezwungen wird, mindestens eine Jugendmannschaft zu stellen. Porz hatte letztes Jahr 13 Jugendmannschaften. Ich glaube, vier davon waren bei der deutschen Endrunde dabei.
Konservativ gerechnet braucht jede Bundesligamannschaft im Schnitt pro Saison einen Etat von ca. 50.000 EUR. Das macht bei 16 Mannschaften einen Gesamtaufwand von ca. 800.000 EUR. Ist sie diese Summe wert? Welche Rolle spielen die Fixkosten, die bei etwa 35 % liegen?
Das ist sie wert. Wie gesagt, ohne sie wäre das deutsche Schach nichts!
Die Fixkosten machen bei dem Gesamtetat nicht so viel aus. Das ist OK so.
Die einteilige deutsche Bundesliga hat seit ihrer Gründung das gleiche Format: 16 Mannschaften spielen jeder-gegen-jeder, der erste gewinnt, die letzten vier steigen ab. Organisiert wird die BL vom DSB, das notwendige Geld geben Sponsoren oder die Vereine, die auch für die Vermarktung und Präsentation der Liga zuständig sind. Zeit für einen Wechsel der Organisationsform?
Vor allem sollte man die Spieltermine genau aussuchen, Rücksicht auf große Schachturniere nehmen (wie Wijk aan Zee) und auch auf andere sportliche Großveranstaltungen (z. B. außerhalb der Fußballbundesliga). Dann wäre die Chance deutlich größer, in der Presse für Schach und die BL entsprechenden Raum zu bekommen.
Die Organisation hat sich zwar zur Autonomie hin verbessert, aber ein paar Leute kochen jetzt eben innerhalb der BL ihr eigenes Süppchen. Bislang sehe ich keinen Fortschritt. Es ist z. B. gar nicht einsehbar, warum heute nur noch 14 Spieler gemeldet werden dürfen – früher waren es zwanzig. Dadurch wird auch vielen Jugendlichen die Chance genommen, in den Kader aufgenommen zu werden.
Von Playoffs halte ich nichts; da leiden nur die schwächeren Vereine drunter. Die verlieren das Interesse daran. Eine Endrunde dagegen ist interessant, allerdings hat sich bisher noch keiner gefunden, der das organisieren will. Aber auch hier leiden die schwächeren Vereine, da die Amateurspieler sich Urlaub nehmen müssten. Ein Modell mit Hin- und Rückrunde halte ich für Unsinn; es ist nicht finanzierbar.
Was sind Ihre Zukunftsvisionen für die BL?
20 Spieler dürfen aufgestellt werden, die Pressearbeit wird verbessert, in dem man die Spieltermine auf „Sportlücken“ legt. Dadurch wird auch Schach attraktiver und wirkt sich in der Breite aus. Als Hübner damals beinahe um die WM spielte und ich ihn betreute, hatte ich jeden Tag mindestens 20 Interviews und wir waren fast in jeder Zeitung vertreten. Danach machte sich das auch an der Mitgliederzahl des DSB bemerkbar. Es entstand ein regelrechter Schachboom.
Häufig hört man, dass zu viele Ausländer in der BL spielen. Dadurch ginge die Bindung der Durchschnittsspieler an die Vereine verloren und zudem würde der Nachwuchs der Chance beraubt, sich in der BL zu profilieren. Das deutsche Schach profitiere immer weniger von der BL. Besteht die Notwendigkeit, die Ausländerregelung in der BL zu ändern?
Nein. An uns sehen Sie ja, dass wir immer wieder starke Jugendliche hervorbringen. Erst kürzlich musste ich ein weiteres Spiellokal für den Vereinsabend anmieten, weil das alte für das Training zu klein geworden ist. Die profitieren auch von unseren Ausländern, die die Talente trainieren. Unser jetzt gemeldetes Jugendbrett Christian Seel bekam Einzeltraining von Christopher Lutz. Und die GMs analysieren auch nach dem Kampf ihre Partien mit den Jugendlichen. Da kann auch jeder Fragen stellen.
Ob das in Lübeck lange gut geht, bezweifele ich, da dort der Unterbau fehlt.
Sollten feste Jugendbretter für jedes Team vorgesehen werden und was halten Sie von der neu eingeführten Möglichkeit, Jugendbretter zu melden?
Das ist gar keine schlechte Lösung. Den Seel, den wir gemeldet haben, versuchen wir auch in der Kernmannschaft einzusetzen. Vielleicht schon im Januar, wenn Wijk aan Zee stattfindet.
Ein Pflichtjugendbrett, das auch zählt, wäre nur dann sinnvoll, wenn der Jugendliche auch aus der eigenen Jugendarbeit kommt.
Nach welchen Gesichtspunkten wählen Sie die Spieler Ihre Mannschaft aus? Spielt Teamgeist in der BL eine Rolle?
An erster Stelle steht der Charakter des Spielers. Alle unsere Spieler sind schon lange in unserem Verein. Vor 15 oder 20 Jahren hatten wir ja mal eine „Säufertruppe“. Ich habe nichts dagegen, wenn wir nach dem zweiten Spiel einen Trinken gehen, aber dort ist es eingerissen. Da habe ich dann einen radikalen Schnitt gemacht.
Sehen Sei etwa Christopher Lutz: der spielt bei uns schon immer am 1. Brett, obwohl es stärkere Spieler in der Mannschaft gibt bzw. gab. Aber er hat sich dort bewährt. Er kam als Jugendspieler ins Team und hatte daher schon mal einen Bonus bei mir. Aber auch menschlich ist er sehr sympathisch, hat immer gute Laune. Und ist zuverlässig. Er hat noch nie einen Kampf verpasst. Der ist mir lieber, selbst wenn Kasparow gerne umsonst bei uns spielen wollte.
Teamgeist spielt eine große Rolle. Und auch der Mannschaftsführer, der den Verlauf des Kampfes im Auge hat und einschätzen kann. Wenn uns ein halber Punkt reicht, dann müssen die Spieler auch bessere Stellungen Remis machen. Ich habe jedenfalls noch nicht erlebt, dass das einer nicht gemacht hat.
Oft werden die geringen Zuschauerzahlen und die mangelnde Medienpräsenz der BL beklagt. Die BL betreibe zu wenig Marketing. Hätten Sie Vorschläge zur Verbesserung der Präsentation der BL?
Die Probleme mit den Zuschauern haben wesentlich mit den Terminüberschneidungen zu tun. Wir haben einmal zu einem Spitzenspiel mit Solingen eine Badmintonhalle angemietet. An diesem Wochenende waren 400 oder 500 Zuschauer da.
Für andere Vereine ist die Präsentation wichtig wegen der Sponsoren. Für mich ist das nicht so wichtig, weil ich keine Firma habe, die ich bewerben müsste.
Winfried M. Klimek, der Vorstandvorsitzende der galaxis technology ag, traut der BL mit einer ansprechenden Technik und dem entsprechenden Marketing via Internet pro Kampf Zuschauerzahlen von 400.000 zu. Wie sehen Sie das?
Nein, nicht so hoch. Von dem Lübecker habe ich schon viel unglaubliches gehört. Wir spielten mal Pokal bei denen, in einem Hinterzimmer, das kaum größer war, als mein Büro. Jetzt will er seine Firma ja an die Börse bringen. Für mich entstehen solche Zahlen nur, weil er Werbung für seine Firma machen will.
In letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die BL werde zunehmend seelenlos, die Bindung der Fans und Spieler an die Vereine gehe verloren. Wie sehen Sie das?
Sehe ich nicht so. Bei uns kommen die Leute aus einem großen Umkreis. Wir haben regelrechte Stammgäste. Wenn einer mal nicht da ist, weiß ich, dass er krank ist.
Innerhalb des Vereins wird unsere Erste voll akzeptiert. Der Verein profitiert ja davon und für die 1. und 2. Mannschaft entstehen für ihn keine Kosten.
Ihr schönstes BL-Erlebnis?
Jede Deutsche Meisterschaft und Pokalsieg.
Und das „schlimmste“?
Damals gegen Bayern hat ein Spieler eine ausgeglichene Stellung nicht Remis gemacht, was dann dazu führte, dass nicht wir, sondern Bayern Meister wurde.
Die drei herausragendsten BL-Spieler?
Lutz, weil er von Anfang an am ersten Brett erfolgreich gespielt hat und keinen Kampf verpasst hat.
Waganjan, weil er unglaublich erfolgreich und zuverlässig ist.
Hort: Ich habe damals gar mit dem tschechischen Sportminister verhandelt, damit er bei uns spielen konnte. Er war der erste Ausländer in der BL.
Ich könnte noch viele andere nennen, Christiansen etwa. Da gibt es viele. Eigentlich müsste ich alle unsere BL-Spieler nennen.
Und noch ein Tipp für die kommende Saison: Wer gewinnt dieses Jahr?
Ich denke, fünf Teams werden sich um die Meisterschaft streiten: Porz, Lübeck, Baden Oos, Solingen und Wattenscheidt. Die haben ein sehr junges Team, und ich erwarte viel von ihnen.
Und wer steigt ab?
Forchheim, Godesberg, Emsdetten (je nachdem, wie sie spielen). Den anderen weiß ich nicht.
Was sind Ihre eigenen Ziele und Erwartungen?
Meister.