Fragebogen an die Verantwortlichen der BL-Vereine

Thilo Gubler
(SC Baden-Oos)

Logo der Schachbundesliga

Sie sind…
Verantwortlicher Teammanager und Mannschaftsführer bei den Herren sowie Mädchen für alles in Sachen Organisation und Öffentlichkeitsarbeit (Presse, Internet) bei beiden Bundesligateams (Damen und Herren).

Freuen Sie sich auf die kommende Saison?
Ja klar! Durch mein früheres Engagement für den Ex-Bundesligisten Baiertal-Schatthausen kenne ich viele Spieler und Verantwortliche der Szene. Mit Baden-Oos kehre ich mit einer Mannschaft zurück, die mit Topspielern gespickt ist und ein völlig anderes Gesicht hat als mein damaliges junges Baiertaler Team. Es ist eine große Herausforderung mit Profis zusammenzuarbeiten und gemeinsam mit unserem Sponsor Grenkeleasing AG Schach zu präsentieren und zu fördern.

Woher kommt die Motivation für Ihr Engagement?
Schach ist eine faszinierende Sportart. Mehr zufällig bin ich vor 11 Jahren reingeschlittert, als ich das Oberligateam von Waldshut-Tiengen als Mannschaftsführer und Sponsor übernommen habe. Damals habe ich neben der Organisation der Kämpfe noch Brötchen geschmiert sowie Partien ausgedruckt und kopiert. Zwischenzeitlich ist alles professioneller geworden. Jeder Spieler hat das notwendige Equipment um sich auf den Gegner vorzubereiten. Erstmals wird Baden-Oos selbst die Live-Übertragungen im Internet durchführen.

Was macht die BL für Sie attraktiv?
Das Spiel Mannschaft gegen Mannschaft auf sehr hohem Niveau mit Meisterschafts- und Abstiegskampf sowie die weltweite Präsentation über das Internet. Aus persönlicher Sicht freue ich mich darauf, mit meinen Spielern zusammenzuarbeiten, neue Menschen kennen zu lernen, und bekannte Gesichter wieder zu sehen.

Welche Außenwirkung hat die BL, wie wird Sie vom Ausland wahrgenommen?
Die Liga gilt als die stärkste Liga der Welt und es besteht sicherlich ein großes Interesse im Ausland, da viele Weltklassespieler aus vielen Ländern in der Bundesliga spielen. Z.B. könnten durch Live-Übertragungen die Vereine mehr zur Außenwirkung beitragen.

Wie wichtig ist die BL für das deutsche Schach?
Zum Vereinsleben gehören Mannschaftswettkämpfe bis in die untersten Kreisklassen, fast jeder Vereinsspieler hat bereits an solchen Rundenturnieren teilgenommen. Die Bundesliga ist die Höchste aller Klassen und damit für jeden Vereinsspieler etwas ganz besonderes.

Konservativ gerechnet braucht jede Bundesligamannschaft im Schnitt pro Saison einen Etat von ca. 50.000 EUR. Das macht bei 16 Mannschaften einen Gesamtaufwand von ca. 800.000 EUR. Ist sie diese Summe wert? Welche Rolle spielen die Fixkosten, die bei etwa 35 % liegen?
Ich glaube, dass die Etats vieler Bundesligisten niedriger anzusetzen sind. Baiertal-Schatthausen kam vor zwei Jahren mit einem Mini-Etat von etwa 12.000 EUR aus. Scheinbar ist die Liga ihr Geld wert, sonst würden die Sponsoren und Mäzene das Geld dafür nicht aufbringen. Die Rolle der Fixkosten hängt von den jeweiligen Etats der Vereine ab.

Die einteilige deutsche Bundesliga hat seit ihrer Gründung das gleiche Format: 16 Mannschaften spielen jeder-gegen-jeder, der erste gewinnt, die letzten vier steigen ab. Organisiert wird die BL vom DSB, das notwendige Geld geben Sponsoren oder die Vereine, die auch für die Vermarktung und Präsentation der Liga zuständig sind. Zeit für einen Wechsel der Organisationsform?
Die Bundesliga in dieser Form hat sich in den letzten 20 Jahren bewährt. Dennoch sind Reformen unumgänglich und mit Christian Zickelbein als Bundesligasprecher haben wir den idealen Vertreter nach außen. Es gibt nur wenige Funktionäre, die sich so aufopferungsvoll für eine oder mehrere Sachen einsetzen wie der Vorsitzende des Hamburger SK. Reformen im großen Stil sind aufgrund der unterschiedlichen Interessen der Vereine derzeit nicht durchführbar, wir sollten mit kleinen Schritten zufrieden sein.
Beim Modus könnte ich mir Änderungen vorstellen. Reduzierung der Anzahl der 2. Ligen auf drei unter Beibehaltung der Abstiegsregelung der 1. Bundesliga. Durch Relegationsspiele hätten dann auch die Zweitplatzierten der 2. Ligen noch Chancen auf den Aufstieg, gerade wenn eine „Übermannschaft“ wie Baden-Oos im letzten Jahr die Chancen anderer Teams auf den Aufstieg zunichte machen. Eine zentrale Endrunde der letzten Doppelrunde zusammen mit der Einzelrunde halte ich für ein interessantes Modell, auch um Sponsoren für die gesamte Liga zu finden.

Was sind Ihre Zukunftsvisionen für die BL?
Eine eingeschworene Gemeinschaft, die eine starke und spannende Liga u.a. mit Hilfe des Internets präsentiert.

Häufig hört man, dass zu viele Ausländer in der BL spielen. Dadurch ginge die Bindung der Durchschnittsspieler an die Vereine verloren und zudem würde der Nachwuchs der Chance beraubt, sich in der BL zu profilieren. Das deutsche Schach profitiere immer weniger von der BL. Besteht die Notwendigkeit, die Ausländerregelung in der BL zu ändern?
Ich persönlich halte nichts von einer Ausländerregelung. Gerade die Regelung, dass nur zwei der 3 EU-Ausländer gleichzeitig spielen, entspricht nicht meinen Vorstellungen. Wer auf der Rangliste steht sollte auch jederzeit spielen dürfen. Je mehr gute Spieler in der Liga spielen, desto besser für die Vermarktung. Die Befürchtungen hinsichtlich des Nachwuchses kann ich aus Ooser Sicht nicht teilen. Wir werden auch zukünftig versuchen, deutsche Talente in die Mannschaft zu integrieren. Jeder Verein kann seinen Beitrag entsprechend seinen Vorstellungen für das deutsche Schach selbst leisten.

Sollten feste Jugendbretter für jedes Team vorgesehen werden und was halten Sie von der neu eingeführten Möglichkeit, Jugendbretter zu melden?
Die jetzige neue Regelung mit zwei Ranglistenplätzen für Jugendliche halte ich für ausreichend. Manche dieser jungen Spieler werden sicher auch einmal die Chance haben, zu einem Einsatz zu kommen. Leider haben noch nicht alle Vereine die Möglichkeit genutzt, die Jugendbretter auf ihrer Rangliste zu besetzen. Aber ich bin überzeugt davon, dass sich das in den nächsten Jahren ändern wird.

Nach welchen Gesichtspunkten wählen Sie die Spieler Ihre Mannschaft aus? Spielt Teamgeist in der BL eine Rolle?
Eine gesunde Mischung aus Spitzenspielern der Welt, aus Deutschland und der erweiterten Region gepaart mit menschlicher Harmonie. Dadurch entsteht ein sog. Teamspirit, der für den einen oder anderen zusätzlichen Mannschaftspunkt eine Rolle spielen kann. Wir sind an Spielern interessiert, die ihre Partien auskämpfen. Keine schnellen Remis. Gute Mannschaftsspieler beobachten die Geschehnisse an den anderen Bretter und reagieren entsprechend in ihrem Spiel.

Oft werden die geringen Zuschauerzahlen und die mangelnde Medienpräsenz der BL beklagt. Die BL betreibe zu wenig Marketing. Hätten Sie Vorschläge zur Verbesserung der Präsentation der BL?
Die Verantwortung liegt bei den Vereinen. Gute Öffentlichkeitsarbeit über die regionale Presse und im Internet sowie Live-Kommentierungen vor Ort können die Zuschauerzahlen während den Bundesligawettkämpfen attraktiver machen. Ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung für das Marketing der Bundesliga ist die gemeinsame Homepage www.schachbundesliga.de.

Winfried M. Klimek, der Vorstandvorsitzende der galaxis technology ag, traut der BL mit einer ansprechenden Technik und dem entsprechenden Marketing via Internet pro Kampf Zuschauerzahlen von 400.000 zu. Wie sehen Sie das?
Als wir mit Baiertal in Lübeck in der 1. Liga gespielt haben, hatten laut Torben Denker etwa 5000 Zuschauer weltweit die Partien verfolgt – das fand ich schon enorm. Ich denke mit dem richtigen Marketing sind weitaus höhere Zuschauerzahlen über das Internet möglich, doch das wird noch einige Zeit dauern.

In letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die BL werde zunehmend seelenlos, die Bindung der Fans und Spieler an die Vereine gehe verloren. Wie sehen Sie das?
Die Bundesligaspieler leben meist nicht vor Ort und können aufgrund der Entfernungen nicht am Vereinsabend teilnehmen. Wir versuchen durch Aktionen vor Ort die Bindung zwischen erster Mannschaft, Mitglieder und Verein zu stärken. Viele Vereinsmitglieder besuchen die Bundesligaspiele und haben die Möglichkeit sich mit den Spielern der ersten Mannschaft zu unterhalten.

Ihr schönstes BL-Erlebnis?
Als ich mit Baiertal-Schatthausen in Lübeck mit drei Ersatzspielern antreten musste und die Lübecker ins Schwitzen brachten (5:3 für Lübeck) und am darauffolgenden Tag mit dieser „chaotischen“ Notaufstellung ein 4:4 gegen den Hamburger SK erreichten.

Und das „schlimmste“?
Der 9. April 2000, als die Teams von Sindelfingen und Pasing in der 2. Bundesliga Süd eine Münze geworfen hatten, um ein 4:4 zu vermeiden. Bei diesem Ergebnis wäre Sindelfingen abgestiegen, und Pasing – statt meiner Mannschaft Baiertal – nicht aufgestiegen. Der Vorfall konnte zum Glück aufgedeckt werden, die Vereine wurden bestraft.

Die drei herausragendsten BL-Spieler?
Es gibt viele herausragende Spieler in der Bundesliga, schwierig hier drei Namen zu nennen. Allgemein würde ich alle Bundesligadebütanten der Weltspitze nennen und natürlich meine komplette Mannschaft. Meine persönliche Hitliste wäre Vishy Anand als ELO-stärkster Spieler, Robert Hübner weil er mich vor 21 Jahren aufgrund seiner Kandidaten-Finale gegen Viktor Kortchnoi zum Schach gebracht hatte, und Judit Polgar als weltbeste Dame.

Und noch ein Tipp für die kommende Saison: Wer gewinnt dieses Jahr?
Baden-Oos kann entscheiden, wer Meister wird: Lübeck oder Porz.

Und wer steigt ab?
Nominell sind Forchheim und Godesberg stark gefährdet. Leicht wird es nicht werden für Plauen, Erfurt, Neukölln und vielleicht auch Stuttgart.

Was sind Ihre eigenen Ziele und Erwartungen?
Im ersten Jahr möchten wir einen Platz unter den ersten fünf erreichen. Vielleicht gelingt uns im deutschen Mannschaftspokal eine Revanche gegen Lübeck, als wir im Finale knapp verloren haben. Ansonsten hoffe ich auf eine gut funktionierende Schach-Präsentation bei unseren Heimspielen.