EDITORIAL
LIEBE LESER,
manch einer von Ihnen wird überrascht sein, dieses Heft in den Händen zu halten. Im letzten KARL hatten wir noch den Schwerpunkt „Eröffnung“ angekündigt. Doch aus aktuellem Anlass entschieden wir uns kurzfristig um und widmen die Ausgabe 2/2010 dem Weltmeisterschaftskampf zwischen Titelverteidiger Vishy Anand und Wesselin Topalow. Das „Eröffnungs-Heft“ ist auf das nächste Mal verschoben.
Das Match in Sofia wird als eines der spannendsten und eindrucksvollsten der Schachgeschichte in Erinnerung bleiben. Alle Partien wurden ausgekämpft und viele spektakuläre Züge aufs Brett gezaubert, die jenseits des Horizonts von Rybka & Co lagen. Die Intensität dieser Auseinandersetzung und die Dichte der Atmosphäre übertrugen sich auch auf uns ins Pressezentrum. Besonders die sensationelle 9. Partie riss die Journalisten mit und ließ uns heiß diskutieren.
Am Ende dominierte der Titelverteidiger, nachdem Topalow angesichts des drohenden Tie-Breaks in der 12. und letzten Partie dem Druck nicht mehr standhalten konnte und die Nerven verlor. Seine erste Niederlage mit Weiß seit zwei Jahren war gleichbedeutend mit dem Ende eines bulgarischen Traums.
Die Großmeister Gerald Hertneck, Mihail Marin und Karsten Müller sowie IM Erik Zude haben die Partien für Sie ausführlich analysiert.
Kurz nach dem Wettkampf sprach Weltmeister Vishy Anand mit KARL über die prominenten Helfer, die ihn während des Matches unterstützt haben, über die einzelnen Partien und über seine Matchstrategie.
Und Hans-Walter Schmitt, Organisator der Chess Classic und Mitglied im Anand-Team, berichtet im KARL-Interview über die Vorbereitungsphase, die Sicherheit, die verunglückte Anreise und über manch anderes Detail hinter den Kulissen.
Dass eine Auftaktniederlage bei einer WM noch kein Beinbruch sein muss, demonstrierte nicht nur Anand in Sofia, sondern kann auch Johannes Fischer in seiner statistischen Betrachtung belegen.
Auch Georgios Souleidis war in Sofia, und berichtete über die Ereignisse vor Ort in seinem Schachblog. In unserem Porträt erzählt der International Meister, wie er in zwei Jahren seinen Titel errang, was er unter gutem Journalismus versteht und was er über die Bundesliga denkt, dessen Internet-Portal er redaktionell betreut.
Harry Schaack