SCHACHDRAMA
Von Harry Schaack
Othmar Plöckinger,
Die Abenteuer eines Bauern auf dem Schachbrett
nebst einer Schilderung seiner Liebe zur Dame seines Herzens,
welche ihm mehrfachen Tod und somit wenig Freude erbrachte,
und einer Erläuterung der Frage,
wie das Schachspiel entstanden sei.
Stück in einem Akt für eine Person,
Berenkamp 2008,
Hardcover,
14,90 Euro
Das von dem Österreicher Anton Plöckinger vorgelegte Theaterstück für eine Person Die Abenteuer eines Bauern auf dem Schachbrett …, ist der bemerkenswerte Versuch, die Welt des Schachspiels auf die Bühne zu bringen. Es handelt von dem Mikrouniversum des schwarzen Bauern h7, (auch wenn der Cover-Text versehentlich vom Bauern g7 spricht). Auf seinem überdimensionalen Spielfeld stehend reflektiert der Bauer über sein tragisches Los, diesmal einen schlechten Aufstellungsplatz bekommen zu haben und hadert mit seinem Schicksal. Noch mehr grämt ihn allerdings die Liebe zur weißen Dame, die für ihn unerreichbar ist und mit der ihn eine tiefe Sehnsucht verbindet. Der Bauer ist vorlaut, kauzig und respektlos gegenüber seinen „Mannschaftskollegen“ und gar gegen den König. Die Pferde mag er nicht, die Türme sind ihm zu stumpf. Und auch seine Bauern-Kollegen verabscheut er. Seine Reflektionen haben teils etwas Philosophisches, teils etwas Romantisierendes, wie schon der bewusst ausführliche an das 18. und frühe 19. Jahrhundert erinnernde Titel gemahnt. Die Hoffnung des Bauern ist, dass sich seine Genossen eines Tages erheben werden und gegen ihre Unterdrückung aufbegehren. Die En Passant Regel sieht er als sichtbares Zeichen der Benachteiligung gegenüber den anderen Figuren und fordert dazu auf, sich dagegen zu wehren, leichtfertig und rücksichtslos geopfert zu werden. Er sehnt die Zeiten eines Philidor herbei, dessen Diktum, die Bauern seien die Seele des Spiels, noch wie ein ferner Klang bis in die Gegenwart nachhallt.
In unaufdringlicher Weise fließen in den Monolog des Protagonisten schachgeschichtliche Aspekte ein. Oft sind sie gar nicht als solche gekennzeichnet. Als einmal ein Läufer geschlagen wird, heißt es: „Geschieht ihm recht! Bischof wäre er gerne, aber davon gejagt wird er wie ein erbärmlicher Narr.“ (S.108). Der Autor rekurriert hier, ohne es ausdrücklich zu nennen, auf die verschiedenen Bezeichnungen des Läufers, der im Englischen „bishop“ und im Französischen „fou“ genannt wird.
Des Bauern Litanei wird zu einer Reflektion über das Leben. Am Ende durchbricht er die starren Konventionen, in denen er sich gefangen sieht. Als Randbauer zu Untätigkeit verurteilt, befreit er sich und setzt sich plötzlich autonom in Bewegung, um seiner liebsten weißen Dame entgegenzugehen. Nach kurzem heftigem Gefecht geht er tödlich getroffen zu Boden.
Das Stück wurde in Darmstadt uraufgeführt und soll auch in Salzburg und Wien inszeniert werden. Sieht man von dem etwas zu verschwenderischen Platzgebrauch ab, der nur jede zweite Seite eines Abdrucks würdig empfindet, ist Die Abenteuer eines Bauern auf dem Schachbrett … ein atmosphärisches und intelligentes Stück, das großes Lesevergnügen bereitet.