AUTHENTISCH
Von Harry Schaack
Viswanathan Anand,
My Career,
World Championship Chess,
Vol. 1+2,
ChessBase 2008, DVD,
Länge 3:48 St. bzw. 4:28 St.,
je 32,90 Euro
(Das Rezensionsexemplar wurde freundlicherweise von der ChessBase zur
Verfügung gestellt.)
Nachdem Anand 2007 in Mexiko City Weltmeister geworden war, produzierte er für ChessBase die zweibändige DVD My Career, auf der er in insgesamt 50 Clips seine Karriere Revue passieren lässt und seine besten und wichtigsten Partien präsentiert. Der erste Band reicht bis 1998, der zweite endet mit dem WM-Turnier in Mexico City 2007.
Es macht Spaß, Anands Ausführungen zu folgen, auch weil sie sich nicht nur auf die Partien konzentrieren. So beginnt er die DVD mit der Richtigstellung seines Namens. Man mag irritiert sein, wenn man hört, dass ihn seine Frau Aruna ausschließlich Anand nennt, doch tatsächlich ist dies sein Vorname. Viswanathan ist der Name seines Vaters. Und Daniel King verschaffte ihm in Frunse 1987 seinen Spitznamen „Vishy“, was zu weiterer Verwirrung beitrug. Manchmal wisse er selbst nicht mehr, wie sein Name lautet, kommentiert Anand scherzhaft.
Auf der ersten DVD zeigt Anand wichtige Partien wie den Sieg, der ihm 1985 den IM-Titel einbrachte. Als er 1984 gegen Mestel gewann, war es sein erster Erfolg gegen einen Großmeister. Er brauchte dafür lediglich 25 Minuten Bedenkzeit.
Es ist instruktiv, wie Anand immer wieder die damaligen Partien ins rechte Licht rückt und erzählt, dass er z.B. ein bestimmtes Abspiel heute nicht mehr als gefährlich ansieht. Und er stellt den Zuschauern immer wieder kleine Verständnisaufgaben, fragt was droht, was die Idee war.
Besonders aus den Anfangszeiten seiner Karriere zeigt Anand auch Verlustpartien. So hat er in seiner Jugend einmal gegen Kaidanow durch ein plötzliches Damenopfer verloren, dass zwar naheliegend war, ihn aber wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf. Oder man erfährt, dass sich auch Anand (wie Kramnik im Match gegen das Schachprogramm Deep Fritz 2006) bei einem Open in Philadelphia 1987, da hatte er schon eine Elo von 2500, einzügig mattsetzen ließ. Bitter war auch 1992 seine 19-zügige Niederlage gegen Kasparow, den er zuvor zweimal hintereinander besiegt hatte. Anderswo erläutert Anand die Umstände seiner berühmt gewordenen sechszügigen Miniatur gegen Zapata 1988, die er verlor, weil er einem Kurzremis von Miles ungeprüft folgte. Die Situation war ihm peinlich und er konnte zwischen Skylla und Charybdis wählen. Hätte er mit Minusfigur weitergespielt, hätten ihn seine GM-Kollegen ausgelacht. Stattdessen verließ er so schnell wie möglich den Spielsaal, wodurch die Partie in allen Schachmagazinen erschien.
Im zweiten Teil schildert Anand, wie er im Finale der FIDE-WM in Teheran im Match gegen Schirow seinen ersten Weltmeistertitel errang. Als er zurück nach Indien kam, gab es eine Konfusion. Zwei Monate zuvor hatten ihn die indischen Medien bereits für den Sieg des Weltpokals als Champion gefeiert und dachten nun, dass es kurz hintereinander zwei Weltmeisterschaften gegeben habe.
Anand spricht auch über viele enge Freunde, die ihm geholfen haben. Und auch offen über Krisen, wie über Dortmund 2001, das vermutlich schlechteste Turnier seiner Karriere. Über die Bundesliga, die er als neue Erfahrung entdeckte. Oder wie er nach dem Rücktritt von Kasparow plötzlich wieder eine Chance sah, um die WM zu kämpfen.
Als Anand die ChessBase-DVD 2008 aufnahm, blickte er auf eine reiche Karriere mit vielen Turniersiegen zurück. Er konnte nicht ahnen, dass noch fünf große WM-Wettkämpfe, ein Sieg im Kandidatenturnier sowie ein WM-Titel im Schnellschach vor ihm liegen würden.