ABKLINGENDES FEUER

Alexei Schirow spielt heute nicht weniger aggressiv als früher. MIHAIL MARIN zeigt, warum sein tollkühner Spielstil nicht mehr so erfolgreich ist.

Übersetzung aus dem Englischen von Harry Schaack

(Der Artikel ist auszugsweise wiedergegeben.
Den ganzen Text lesen Sie in KARL 1/19.)

Alexei Schirow in Biel 2011
Alexei Schirow in Biel 2011 (Foto: Harry Schaack)

Für einen Schachautor gibt es kein reizvolleres Thema als den Angriff. Aber nicht alle Spieler sind bereit, die Risiken und die damit verbundenen Verpflichtungen einzugehen, die eine resolute Attacke mit sich bringt.
Über die letzten Jahrzehnte habe ich viele Artikel zu diesem Thema veröffentlicht, Bücher geschrieben, DVD-Serien produziert. Dies stellte mich vor einige Probleme, diesen Artikel zu schreiben, weil ich mich nicht wiederholen wollte.
Während ich in meinem Schachkosmos nach einer Lösung suchte, erinnerte ich mich an mein letztes Turnier in Roquetas del Mar 2019. Der Favorit auf den Turniersieg war Alexei Schirow, ein Spieler, mit dem ich seit unserer ersten Partie 1990 freundschaftlich verbunden bin.
Der Autor von Fire on board versetzte in den neunziger Jahren mit seinen Meisterwerken des Angriffs die Welt in Staunen. Mit seinem kampfeslustigen Stil gelangen ihm zahlreiche Glanzpartien. Dabei beschreibt „taktische Brillanz“ Schirows Spielanlage nur unzureichend. Sein Verständnis geht viel tiefer. Denn jeder einigermaßen starke Spieler ist in der Lage, Kombinationen auszurechnen, wenn es die Situation erfordert. Was mich aber wirklich beindruckt hat in Schirows besten Partien, ist die Weitsichtigkeit seiner Angriffspläne ebenso wie seine Fähigkeit, in ruhigen Stellungen Komplikationen anzuzetteln, in denen er sich zu Hause fühlt.
Obwohl Schirow seit einiger Zeit nicht mehr zur absoluten Weltklasse zählt, hat sein Spiel nichts an Frische verloren. Die Ursachen dafür, dass er damit heute nicht mehr so erfolgreich ist wie früher, ist eine geringere Genauigkeit bei der Umsetzung seiner prächtigen Pläne.
Es soll hier jedoch nicht darum gehen, dass ich mir Alexeis glorreiche Zeiten zurückwünsche. Ich habe mich dazu entschieden, einige von Schirows heutigen Partien zu präsentieren, die durch Ungenauigkeiten „ruiniert“ wurden, wundervoll, aber unvollkommen wie das Leben selbst. Sie sind nicht weniger instruktiv als seine früheren genialen Schöpfungen.
In der Tradition von Steinitz will ich die Angriffe in drei Kategorien klassifizieren:
1) Verfrühte Angriffe, die vom Gegner widerlegt werden können, auch wenn dies gewöhnlich vom Verteidiger eine viel größere Vorstellungskraft erfordert als vom Angreifer.
2) Solide Angriffe, die die ursprüng­liche Ausgeglichenheit der Stellung vom objektiven Gesichtspunkt nicht ver­ändern, aber zu einem kurzweiligeren Spiel führen als es nach ruhigem Manövrieren der Fall wäre.
3) Angriffe aus besserer Position heraus, als unbedingte Notwendigkeit, um den Vorteil zu behaupten.

(Der Artikel ist auszugsweise wiedergegeben.
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