KOLUMNE

Die Karl-Kolumne ergänzt die Printausgabe des Karl. Die Kolumne präsentiert Rezensionen aktueller und alter Schachbücher, Betrachtungen über die Literatur, Kultur und Psychologie des Schachs und gelegentliche Kommentare zum aktuellen Schachgeschehen.

 

FILMTIPP:

FRESH: SCHACH, SPANNUNG, DROGEN

Von FM Johannes Fischer

Film Fresh DVD-Cover

Fresh,
USA 1994,
Mit Sean Nelson, Samuel Jackson, Giancarlo Esposito u.a..
Regie: Boaz Yakin

(Das Belegexemplar wurde  freundlicherweise von der Firma Niggemann zur Verfügung gestellt.)

In der Nacht von Samstag, den 28.2. auf Sonntag, den 29.2., 1.15 Uhr, Pro Sieben. (Wiederholung in der Nacht von Montag, den 1.3. auf Dienstag, den 2.3., 2.15 Uhr, Pro Sieben.)

Schachmotive im Film bringen nicht immer ungetrübtes Vergnügen. Aber manchmal kommt bei dieser Mischung etwas Gutes heraus. Wie im Falle von Fresh, dem Spielfilmdebüt des Regisseurs Boaz Yakin. Der spannende Thriller erzählt die Geschichte Michaels, eines 12-jährigen Jungen, der in einem von Gewalt und Drogen geprägten New Yorker Schwarzenghetto aufwächst und wegen seiner wachen Intelligenz den Spitznamen Fresh verliehen bekommt.

Fresh wohnt in einem Pflegeheim und arbeitet vor und nach der Schule als Drogenkurier für die beiden größten Dealer des Ghettos. Mit unbewegtem Gesicht, kaltblütig und scheinbar unberührt von dem Elend der Abhängigen, denen er den Stoff verkauft, erledigt er seine Arbeit. Intelligenz und Effizienz machen ihn zur „Nachwuchshoffnung“ im Drogenmilieu. Man glaubt, dass er eines Tages „The Man“ sein wird.

Eigentlich kein typisches Schachspielermilieu. Aber Fresh spielt Schach, weil sein Vater spielt und einst sogar Meisterambitionen hegte. Jetzt trinkt das ehemalige Talent und träumt immer noch von einem großen Durchbruch, während er als Zocker im Park Geld verdient. Bei zahllosen Blitzpartien erklärt der Vater seinem Sohn, wie das Schach und die Welt funktionieren. Ratschläge, die allerdings nur bedingt überzeugend wirken, denn offensichtlich hat es der Vater im Leben und in der Schachwelt nicht sehr weit gebracht.

Aber Fresh entsinnt sich dieser Schach- und Lebenslektionen, als er Zeuge wird, wie einer seiner Freunde und ein Mädchen aus seiner Schule bei einem Basketballspiel von einem Drogendealer erschossen werden. Fresh entwickelt einen kühl kalkulierten Racheplan, mit denen er die beiden Drogenbosse gegeneinander ausspielen und aus dem Ghetto entkommen will. Bis zum packenden Showdown verfolgt man gebannt, wie sich die riskante und komplexe Strategie des Jungen Zug um Zug entfaltet.

Das macht den Film zu einem raffinierten Thriller, der das Schach trotz leichter Ungereimtheiten gelungen in seine Handlung integriert. Nicht zu vergessen die ausgezeichneten Schauspieler: Neben Sean Nelson als 12-jährigem Drogendealer, der mit unbewegtem Gesicht durch das Elend seiner Welt streift, beeindruckt Samuel Jacksons Darstellung als Vater von Fresh. Zwar verrät seine Zugtechnik wenig von einem routinierten Zocker, aber Jacksons Leinwandpräsenz macht das mehr als wett. Wenn man überhaupt einen Sinn für solche Filme hat, sollte man sich Fresh trotz der späten Sendezeit unbedingt anschauen – und schließlich gibt es ja noch das gute alte Videogerät.

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Die Betrachtung von Henning Mankells Vor dem Frost und Walter Tevis‘ The Queen’s Gambit enthält einen kurzen Exkurs über das problematische Verhältnis von Schach und Film.

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