Fragebogen an die Verantwortlichen der BL-Vereine

Norbert Sprotte
(SC Kreuzberg)

Logo der Schachbundesliga

Sie sind…
1. Vorsitzender des Vereins und Mannschaftsführer der 1. Mannschaft

Freuen Sie sich auf die kommende Saison?
Ja. Wir haben den Aufstieg angestrebt und jetzt sollten wir uns nicht grämen. Es ist natürlich harte Arbeit, aber insgesamt überwiegt die Freude.

Woher kommt die Motivation für Ihr Engagement?
Ich tue das für den Verein, den SC Kreuzberg. Als größter Berliner Klub ist er es sich schuldig, in der 1. Bundesliga zu spielen.

Was macht die BL für Sie attraktiv?
Viele starke Spieler spielen dort. Das gibt vielen Zuschauern die Möglichkeit, einmal sehr gute Leute aus der Nähe zu sehen. Man sieht einfach gutes Schach. Das kann ein Ansporn für Jugendliche sein, sich zu profilieren, Ehrgeiz zu entwickeln. Auch für die Mitglieder des Vereins kann das reizvoll sein.

Welche Außenwirkung hat die BL, wie wird Sie im Ausland wahrgenommen?
Die Außenwahrnehmung ist von Verein zu Verein unterschiedlich. Das kommt auch auf die Werbung an, die die einzelnen Vereine machen. Da ist sicherlich noch einiges zu tun, um das zu verbessern und eine größere Unterstützung für die Liga zu bekommen. Auch im Ausland wird die Bundesliga, denke ich, stark wahrgenommen.

Wie wichtig ist die BL für das deutsche Schach?
Enorm wichtig. Obwohl man vielleicht das eine oder andere noch verbessern könnte, profitieren die deutschen Spieler immens von der BL. Die Bundesliga ist einfach gut für das deutsche Schach.

Konservativ gerechnet braucht jede Bundesligamannschaft im Schnitt pro Saison einen Etat von ca. 50.000 EUR. Das macht bei 16 Mannschaften einen Gesamtaufwand von ca. 800.000 EUR. Ist sie diese Summe wert? Welche Rolle spielen die Fixkosten, die bei etwa 35 % liegen?
Ich halte diesen Betrag für sehr hoch geschätzt. Natürlich ist der Aufwand, den Lübeck oder Baden-Oos betreiben gigantisch – wir haben jedenfalls anders kalkuliert. Aber offenbar ist die Bundesliga das wert, weil die Gelder schließlich fließen; das deutsche Schach wird gefördert.

Die einteilige deutsche Bundesliga hat seit ihrer Gründung das gleiche Format: 16 Mannschaften spielen jeder-gegen-jeder, der erste gewinnt, die letzten vier steigen ab. Organisiert wird die BL vom DSB, das notwendige Geld geben Sponsoren oder die Vereine, die auch für die Vermarktung und Präsentation der Liga zuständig sind. Zeit für einen Wechsel der Organisationsform?
Die jetzige Organisationsform halte ich für einen Erfolg. Ich bin da eher konservativ. Die enge Bindung an den DSB sollte erhalten bleiben, denn die DSB-Verantwortlichen sind für viele Dinge offen. Ich bin mit der Form einverstanden. Als Aufsteiger-Mannschaft bin ich gegen eine Reduzierung der Zahl der teilnehmenden Mannschaften. Das käme nur den großen Vereinen zugute und Lübeck und Baden-Oos hätten noch mehr Einfluss und die kleinen Vereine hätten noch weniger.

Was sind Ihre Zukunftsvisionen für die BL?
Habe ich noch nicht konkret drüber nachgedacht. Aber ich denke, so lange Geld da ist, wird die Liga stark bleiben – und vielleicht sogar noch stärker werden. Kurzfristig und für uns selbst gesagt, wollen wir die Klasse halten.

Häufig hört man, dass zu viele Ausländer in der BL spielen. Dadurch ginge die Bindung der Durchschnittsspieler an die Vereine verloren und zudem würde der Nachwuchs der Chance beraubt, sich in der BL zu profilieren. Das deutsche Schach profitiere immer weniger von der BL. Besteht die Notwendigkeit, die Ausländerregelung in der BL zu ändern?
Ich halte es für eine gute Idee, eine feste Zahl von deutschen Spielern pro Mannschaft festzuschreiben.

Sollten feste Jugendbretter für jedes Team vorgesehen werden und was halten Sie von der neu eingeführten Möglichkeit, Jugendbretter zu melden?
Prinzipiell eine gute Idee.

Nach welchen Gesichtspunkten wählen Sie die Spieler Ihre Mannschaft aus? Spielt Teamgeist in der BL eine Rolle?
Unbedingt. Ich habe die Mannschaft unter diesem Gesichtspunkt zusammengestellt. Die Mehrzahl der Spieler hat eine Bindung an Berlin. Lau z.B. hat lange in Berlin gelebt, genau wie Stefan Löffler. Auch Raj Tischbierek, der ohnehin ein Glücksfall für die Mannschaft ist. Sein Verlag befindet sich ganz in der Nähe des Spiellokals, er kennt viele Leute, hat viele Kontakte. Dann hält er bei Vereinsabenden oft Vorträge für Vereinsmitglieder, was der Gefahr einer möglichen Lücke zwischen der 1. Mannschaft und dem Gesamtverein vorbeugt. Diese Gefahr besteht natürlich immer bei einer Profimannschaft und ich versuche, dem entgegenzuwirken. Viele der Spieler wie Kalinitschew, Drazen Muse oder Raj kommen regelmäßig zum Vereinsabend – oder Trainingsabend, wie man im Osten sagte.

Oft werden die geringen Zuschauerzahlen und die mangelnde Medienpräsenz der BL beklagt. Die BL betreibe zu wenig Marketing. Hätten Sie Vorschläge zur Verbesserung der Präsentation der BL?
Die Internetpräsenz könnte ausgebaut werden, wichtiger noch scheint mir aber die Präsenz in den Medien zu sein, für die jeder Verein selbst verantwortlich ist. Da kommt es dann natürlich darauf an, welche Mannschaften zu Besuch kommen, wenn man Heimkämpfe hat. Da wurden wir etwas stiefmütterlich behandelt. Ich habe Kontakte zur Presse, aber die sind recht lose. Diese Saison spielen wir im Thomas-Dehler-Haus, wo die FDP zu Hause ist. Vielleicht erhoffen die sich ja positive Öffentlichkeit vom Schach.

Winfried M. Klimek, der Vorstandvorsitzende der galaxis technology ag, traut der BL mit einer ansprechenden Technik und dem entsprechenden Marketing via Internet pro Kampf Zuschauerzahlen von 400.000 zu. Wie sehen Sie das?
Ich halte diese Zahl für viel zu optimistisch. Vielleicht irgendwann einmal weltweit – aber wer will denn so weit in die Zukunft gucken.

In letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die BL werde zunehmend seelenlos, die Bindung der Fans und Spieler an die Vereine gehe verloren. Wie sehen Sie das?
Die Gefahr besteht, aber wie gesagt, wirken wir dem entgegen und ich hoffe, dass dies bei uns anders läuft. Natürlich gibt es im Verein immer Leute die sagen: „Was geht mich die erste Mannschaft an.“, aber gleichzeitig kann die 1. Bundesliga eine gute Werbung für den Verein sein und viele Leute motivieren. Ohnehin haben wir das Finanzielle so geregelt, dass dem Verein durch die 1. Liga keine zusätzlichen Kosten entstehen. Wir haben Sponsoren.

Ihr schönstes BL-Erlebnis?
Das ist meine erste Saison und ich hatte noch keins. Ich hoffe auf schöne Erlebnisse.

Und das „schlimmste“?
Noch keins.

Die drei herausragendsten BL-Spieler?
Drei zu nennen ist schwierig. Hübner ist immer beeindruckend – ob in der Bundesliga oder nicht; für die kommende Saison ist es für mich Anand.

Und noch ein Tipp für die kommende Saison: Wer gewinnt dieses Jahr?
Baden-Oos

Und wer steigt ab?
Wir nicht. Auf andere Absteiger möchte ich nicht tippen.

Was sind Ihre eigenen Ziele und Erwartungen?
Klassenerhalt. Wir gewinnen, wenn wir nicht absteigen.